Aixam Mega Tjaffer Cabrio

??? Was ist das denn ???

Ganz einfach: eine Hundebox mit 60 PS. 

 

Das ist unser Tjaffer, unser Beiwagen, der uns hin und wieder auf Reisen begleitet. Und er ist wirklich ein ganz tolles "Ding", ein Sommer-Sonne-Ferien-Spaß-Vehikel, in das wir alle reinpassen, das seinen Anhänger auch mal ein Stück selber ziehen kann und das wir sehr lieben.

Und wie kamen wir an ihn:

Vor unserer ersten Marokko-Reise 2017 entschlossen wir uns, einen Kleinwagen mitzunehmen. Es schien uns sehr perfekt, da wir so, falls das Womo-Reisen dort in dem so fernen unbekannten Land aus irgendwelchen Gründen problematisch sein könnte, beweglich bleiben würden, wir feste, längere Stationen auf CP machen und mit einem Kleinwagen die Gegend erkunden konnten. 

Nun besaßen wir aber keinen Kleinwagen, alles im Fuhrpark zu groß und zu schwer. Ich habe dann das Internet rechts und links gestülpt, gesucht und gesucht nach einem wirklich leichten Fahrzeug und bin darüber auf diese kleinen Mopedautos gestoßen. Die sind aber mit ihren wenigen PS derart lahm, Wim weigerte sich, mit solch einem Gerät durch die Gegend zu fahren, wollte nicht mal wenigstens einen anprobieren. Also gut, meine Suche ging weiter. Mittlerweile hätte man mich im Schlaf wecken und Maße und Gewichte aller möglichen Kleinstwagen abfragen können. Es musste ja auch einer sein, der hinten passabel Platz für die Hunde bot, ein Smart kam daher nicht in Frage.

 

Irgendwo in Holland Nähe Venlo tauchte plötzlich das Inserat eines abgewrackten Händlers auf, der bot ein seltsames Vehikel an, einen Tjaffer, ganz in weiß, irgendwie ulkig. Ich kenne mich gut mit Automarken aus, liebe seit jeher Autos, aber sowas hatte ich noch nie gesehen, war wie so eine Art Golfcaddy. Wim und ich drückten uns ein wenig die Nasen platt an den Fotos im Inserat und fuhren los, was sonst. Dieses kleine Ding hat uns, obwohl es bei einem seltsamen "Händler", mehr so einem Schrauber und Frickler, stand, vom ersten Moment an begeistert. Er war schon alt, Baujahr 1996, ziemlich verschlissen von innen, lief aber bei der Probefahrt wie am Schnürchen, und der Clou: alles an dem Ding war abnehmbar, dreiteilig das Dach, Seitenteile, Rückbank und sogar die Türen. Wahnsinn. Wir fuhren begeistert nach Hause, der Händler sollte klären, ob die Zulassung in D unproblematisch sein würde, wir wollten ihn dann kaufen. Tags drauf war er plötzlich anderweitig verkauft, jemand sei in seine Werkstatt gekommen und habe ihn sofort mitgenommen. Wim und mir fielen die Kinnladen runter, das durfte doch jetzt nicht wahr sein. 

Also auf ein Neues. Weit unten in Südfrankreich spürte ich noch ein Inserat auf, ich hatte ja jetzt viel mehr Stichworte, unter denen ich suchen konnte. Aber wie der Zufall es wollte, mein Gott ist die Welt klein, fand ich die Anzeige eines Oldtimer-Händlers Nähe Ijsselmeer, der einen Original Tjaffer anbot: 

 

Baujahr 10.1994, 111.000 km gelaufen, 700 kg schwer, 5-Gang-Schaltung, 140 km/h Höchstgeschwindigkeit, 6,7l/100 km, Originalfarbe weiß/blau, gut erhalten, neue Persenning, mit Anhängerkupplung, TÜV würde neu gemacht, Reifen und Inspektion ebenfalls. Da gab es kein Halten mehr, wir also ab die Post nach Dalfsen zum Händler: geguckt, verknallt, gekauft. 

 

Drei Wochen später holten wir den Kleinen dann frisch gewartet und geTÜVt mit Hänger in Dalfsen ab und brachten ihn nach Hause nach Köln.

 

Natürlich wurde ihm im Rahmen eines kleinen Festakts in der Familie vorschriftsmäßig nach Enthüllung das Kölner Kennzeichen verpasst, der Täufling wurde ausgiebig bestaunt und getauft, zwar nicht mit holländischem Champagner, dafür aber mit altem Gouda und lekker Oliebollen.  

Bevor das aber alles so fröhlich gefeiert werden konnte, mussten wiedermal und ungeahnterweise jede Menge Zeit, Nerven und Mühen investiert werden. Denn es ergaben sich Hindernisse und Hemmnisse bei der Zulassung, deren Bewältigung eine Zeitlang absolut unmöglich erschien ... bis die DEKRA in Dessau ins Spiel kam. 

 

Und das war so, eine lange Geschichte:

Es war einmal ein kleines Auto ... dieses Auto wurde in Frankreich ab 1992 von der Firma Aixam mit drei Motorisierungen (1,1 ltr und 1,4 ltr Benziner und 1,5 ltr Diesel) mit 5-Gang- und sogar Allrad-Getriebe produziert, auf eigenständigem Chassis, Mechanik praktisch unverändert übernommen vom Citroen AX.

Damals wurde das Auto erstmals auf dem Autosalon Genf vorgestellt. Es wurden wohl Fahrzeuge nach Deutschland importiert, aber über Verkaufszahlen ist nichts bekannt. Man vermutet, dass es allenfalls ganz wenige gewesen sein können, denn mit seinem stolzen Preis von 24.000,00 bis 30.000,00 DM machte der Mega seinem Namen alle Ehre und war mega mega teuer.

Nach Holland allerdings wurden exakt 150 Stück verkauft. Der Rest blieb wohl in Frankreich hängen. Das erklärt auch, warum ich ein paar Verkaufsinserate irgendwo in Frankreich fand und eben die in Holland, wobei unser Händler tatsächlich derjenige ist, der damals die 150 Stück für Holland gekauft hatte.

Der eigentliche Name des Autos "Mega Club" gefiel in Holland nicht, er wurde kurzerhand umbenannt in "Mega Tjaffer", und zwar "Tjaffer" deswegen, weil der Hund des Importeurs so hieß und ihm nichts anderes einfiel. 

Jetzt hatten wir dieses Auto, alle Papiere, frisch geTÜVt, und was macht unsere Zulassungsstelle? Winkt ab, Zulassung geht nicht, ist eine Wiederinbetriebnahme, muss zum TÜV. Der TÜV winkt ab, das Auto ist unbekannt, wäre nie in Deutschland zugelassen gewesen, Datenblätter seien nicht vorhanden, E-Normen-Bezeichnungen fehlten, ein Gutachten müsse für das komplette Fahrzeug erstellt werden (Kosten: mehrere Tausend Euro), das sich auf sämtliche Teile beziehen müsse, wie nur mal als Beispiel "Feuerfestigkeit der Sitze und Bezüge" etc.. Wir waren ganz schön gerädert.

Außerdem müsse das Fahrzeug dann einer bestimmten Prüfstelle in Deutschland vorgestellt werden. Er könne und würde sowas hier in Köln nicht durchlassen. Auch wenn nun dieser TÜV-Mann den Tjaffer nicht kannte, es waren ja nun welche in Deutschland gefahren. Meine Recherchen ergaben, dass damals der TÜV Saarbrücken nach Import alle Fahrzeuge geprüft hatte, bevor man sie in Deutschland zulassen konnte. Ich weiß nicht, wie lange und wie massiv ich dann einen Bearbeiter dort genervt habe und ihm immer wieder vorgehalten habe, dass nun mal welche hier gelaufen wären, dass man doch darüber irgendetwas finden müsste. Nach ewigem Hin und Her vereinbarten wir, dass wir mit dem Tjaffer nach Saarbrücken kommen. Er würde das dann regeln. Quasi einen Tag vor Reise nach Saarbrücken rief er nochmal an und fragte, ob der Tjaffer einen bestimmten Kippschalter für eine Funktion am Licht hätte. Nein, den hatte er nicht. Ohje, dann konnte der Saarbrückener ihn nicht durchlassen, weil das sei im Saarland Pflicht, dann ging nun leider nichts.

Eine weitere zuständige Stelle im Süddeutschen wollte keine Prüfung machen, weil nur zugelassene Fahrzeuge auf deren Hof dürften, selbst ein unangemeldetes Auto auf einem Anhänger würde nicht geprüft. Ich habe gedacht, ich dreh am Rad. Wie kann es zugelassen sein, wenn es um eine Wiederinbetriebnahme geht? Aber alles half nichts, sie machen es nicht.

Einen Hinweis erhielten wir dann für Dessau, die DEKRA in Dessau mache auch Wiederinbetriebnahmen für Oldtimer und Ähnliches. Also die ganze Sache in den Osten kommuniziert. Und plötzlich ging es, andere "Länder", andere Bestimmungen! Von allen Teilen Fotos mit vorhandenen E-Nummern gemailt, viele Telefonate geführt, alles an Papieren beigeschleppt was möglich war, und der unglaublich geduldige und freundliche Mensch nickte ab und sagte tatsächlich: "Dann kommen Sie mal, das kriegen wir hin!"

Liegt Dessau auch nicht um's Eck, wir waren froh und so dankbar, endlich "zu Potte zu kommen" und nahmen gerne eine lange Tour in Kauf. Nervös waren wir schon, hofften sehr, es stellt sich vor Ort nicht noch ein Hemmnis heraus.

Aber alles lief perfekt, zwei Stunden lang wurde unser Kleiner behandelt, geprüft, gefahren. Und er erlangte seine Wiederinbetriebnahmeerlaubnis ohne Einschränkung. Nur bei einer Kleinigkeit wurde ein Auge zugedrückt: die  Anhängerkupplung (obwohl serienmäßig) war etwas zweifelhaft, aber der liebe Mensch sagte, wir nutzten das Auto ja nur als Womo-Begleitfahrzeug, von daher würde er das jetzt mal nicht überbewerten. Was hatten wir ein Glück. Du meine Güte! Ich hätte dem Ingenieur die Füße küssen können nach diesen wochenlangen intensivsten Bemühungen, die irgendwie zu nichts Positivem führen wollten. 

Also: Fahr nach Dessau, dann wird's auch was mit der Zulassung !

Übrigens ist ein Mitcamper hier aus Köln (Kfz-Meister), der für ein nachträglich eingebautes Schiebedach in seinem Womo-Begleitfahrzeug hier beim TÜV kein o.k. kriegen konnte, auch den Weg über Dessau gefahren. Papiere da!