Polen ~ Durchreise

24.07.2021 Samstag

Die imposante Dresdener Mühle strahlt wie frisch entstaubt in den Morgenhimmel, als wir nach einer ruhigen Nacht unseren Anlegeplatz im Alberthafen verlassen. Von der wilden Harley-Horde war irgendwann in der Nacht nichts mehr zu hören, der Schlaf hat sie wohl übermannt. Heute werden sie vermutlich richtig Gas geben. Das wollen wir auch. Bis zum Grenzübergang Görlitz sind es 110 km. Dort hoffen wir, dieses Mautkästle zu bekommen, und dann 190 km weiter hinter Breslau einen Kirchplatz in einem kleinen polnischen Dorf zum Übernachten zu erreichen. Über zwei breite Arme der Elbe verlassen wir Dresden bei Hochsommerwetter.

Mit exakten Koordinaten der Mautstelle "Dystrybucja Kart Oplat Drogowych" fühlen wir uns gewappnet und erreichen durch blühende Landschaft - die ersten Sonnenblumenfelder leuchten - die Grenze, und schwupp hinein ins Polenland. 

Ja, und wo ist nun diese Mautstelle? Das fehlt noch, dass wir jetzt erfasst werden vom System und ohne Zahlung auf der AB flitzen. Teurer Spaß! Kurz erwähnte Rüdiger (dieser Navi-Typ), dass scharf rechts von der AB abgefahren werden solle. Der hat wohl einen Knall, noch ist es nicht erlaubt, „scharf rechts“ in eine Auffahrt abzubiegen und gegen die Fahrspur eine Mautstelle zu suchen. Unglaublich! Also sofort erste polnische Ausfahrt raus, Tanke ansteuern, nachfragen. Ja, wir sind im Ausland: keiner spricht Deutsch, geschweige denn Englisch. Mit einer Hotline-Tel.Nr. versorgt, versuche ich unser Glück und komme in den Genuss polnischer Warteschleifen, die, ebenso wie in D, geisterhaft im Nichts enden. Wir planen, einfach nochmal zurück zu fahren, um die Stelle doch noch auf dem letzten Zipfel in D zu finden. Und tatsächlich klappt es. Es scheint auf den ersten Blick nur ein LKW-Parkplatz zu sein, an dem wir abfahren, und Navi-Rüdiger meldet wieder nichts! Am Ende der Parkstreifen stehen jede Menge mobile Zäune, ein paar Polizeiautos und etwas bessere Containerbehausungen. Alles ist leicht „abgewetzt“ und menschenleer. Und hier soll man nun Maut lösen können? Unglaublich. Aber geirrt. Eine der Türen lässt sich tatsächlich öffnen, und auf Rufen erscheint eine junge polnische Frau, blond, gestylt, als wolle sie gleich in einen Club starten, und nickt etwas mürrisch auf unsere Frage, ob wir bei ihr die Maut erledigen können. Aber letztlich wickelt sie alles freundlich ab, lacht und strahlt auch irgendwann, hat vielleicht Liebeskummer, was unerklärlich wäre, da sie schon - obwohl ziemlich overdressed - sehr reizend aussieht in ihrem kurzen, knallengen schwarzen Lederrock mit blassrosa Spitzentop und tadellos lackierten Nägeln. Hui hui … Wir leisten jedenfalls unter Vorlage des Ausweises und Kfz-Scheins unsere locker 10 Unterschriften auf diversen Erklärungen, erhalten die pauschal schon mal mit 250 PLN (ca. 55 €) aufgeladene Box und zahlen weitere 100 PLN Kaution. 50 € tauschen wir vorsorglich noch und bekommen dafür 200 PLN. Die Box wird mit Klebehalterung an der Windschutzscheibe befestigt, und unsere Fahrt durch Polen kann nun losgehen.

Die AB ist in sehr gutem Zustand und zieht sich über breite Schneisen zunächst durch Kiefernwälder, später durch plattes Land mit riesigen Getreidefeldern, auf denen sich zum Teil museumsreife Mähdrescher abrackern. Standstreifen gibt es nur zu Beginn auf der AB, danach nur hin und wieder Haltebuchten in größeren Abständen. Es herrscht sehr wenig Verkehr. Viele vollbepackte PKW mit deutschem Kennzeichen sind unterwegs. Wir vermuten, es sind Polen, die im Heimatland urlauben wollen. Wohnmobile sehen wir höchst selten. Manches an Beschilderung erklärt sich von selbst, anderes ist schwierig. Hin und wieder piepst unser Mautautomat, er lebt und arbeitet regelrecht. Überhaupt wird hier in Polen wohl gerne gemessen, z. B. die Temperatur der Luft und die der Fahrbahn gleich mit. Auch noch nie gesehen.

Kurz vor Breslau knubbelt es sich, Stau, es schleicht nur sehr sehr langsam dahin so weit das Auge reicht. Plötzlich sind alle gleich: die forschen LKW, die unterschiedlichen PKW und kleinen Transporter, und auch der Rolls Roys aus Norwegen. Wer die Leute wohl sind? Wohin sie wollen? Das würde mich jetzt sehr interessieren. Nachdem wir eine Unfallstelle aus etlichen aufeinander gefahrenen PKW aus diversen Ländern mit reichlich Blechschaden passiert haben, verflüchtigt sich der Stau.

Hinter Breslau verlassen wir die AB. Sofort werden die Sträßchen enger, entgegenkommende Fahrer grüßen. Unser Ziel für heute liegt blöder- und überraschenderweise in einer für über 3,5to verbotenen Zone. Das sind immer so die ad-hoc-Entscheidungen aus dem Nichts. Augen zu und durch. Und wir erreichen problemlos den Kirchplatz und kommen mit Gruß vom herbei eilenden Pfarrer zwischen einer mächtigen Eiche und einem alten Zwetschgenbaum im Schatten der Dorfkirche zum Stehen, die von einer Handvoll Menschen mit Mundschutz besucht und der Gottesdienst nach draußen übertragen wird. Zum niederknien, Vorkehrungen dafür wurden getroffen.

25.07.2021 Sonntag

Gegen halb 8 parken zig Autos um uns herum, Gemurmel und Geläut setzen ein,  die Sonntagsmesse beginnt. Ich lausche im Bett den durchweg unbekannten Liedern, Texten sowieso. Obwohl wir Kinder aus sehr katholischen Familien sind, Wims Vater sogar Organist war damals in Katwijk, kommt uns kaum etwas bekannt vor. Es scheint auch eher eine Art Vesper zu sein, aber wofür so früh morgens. Gedankenspiele, einem Sinn auf die Spur zu kommen, einfach zu verweilen, lassen nur solche Zeiten zu. Und beim Blick nach draußen, endlich der Koje entstiegen, sehen wir noch gerade so, wie der Pfarrer im vollen Ornat eiligen Schrittes mit einem langen großen Wedel, eingetaucht in einen Behälter, von Fahrzeug zu Fahrzeug saust und diese segnet vor den andächtigen Augen der Besitzer. Gut, wir bleiben drin, wir sind unpassend gekleidet für diese Zeremonie. Concördchen wird aber auch gesegnet, reichlich, und wir danken winkend durchs Fenster. Sonntag, geht‘s echter ? Kopfschüttelnd verlassen wir das Dörfchen mit einem letzten Blick auf das Kirchenportal.

Flott erreichen wir die AB, die S8, ja das ist ja mal eine „S“-Klasse. Total modern, eben wie ein Teller, Standstreifen durchgängig, und Schallschutzwände vom Feinsten kilometerweit, auch da, wo gar keine Häuser stehen. Die Parkplätze und Raststätten sind randvoll. Menschentrauben scheinen hier Sonntage zu verleben und zu speisen. Vielleicht sind Lokale hier an der AB besser, offen, oder was auch immer. Auch LKW stehen in Kolonnen. Offenbar gilt auch hier Sonntagsfahrverbot, gut für uns, und macht sich auch sehr positiv auf den rund 400 km heute und besonders beim Umrunden der größeren Städte bemerkbar.

Ein paar Blicke nur können wir auf Lodz werfen, bevor Warschau umrundet wird. Vor und hinter der Weichsel-Querung durchfahren wir sehr beeindruckende Schallschutztunnel. Alles wirkt total gepflegt und perfekt in Schuss. 

Was sich aber ändert, als wir nicht weit hinter Warschau die S8 verlassen, um unser Quartier für heute anzufahren. Zunächst scheint es noch städtisch gut, aber dann. Die Beschilderung „Bodenwellen“ warnt nicht umsonst. Ein unverwackeltes Foto ist nicht möglich. Diese Straße, die 631, hat es in sich. Mal sehn, später steht die 62 an, eine Ziffer weniger, also hoffentlich auch mindestens 1 Punkt besser. Am Straßenrand locken Grillhütten und Händler, die auf kleinsten Tischchen Pilze und vermutlich Honig anbieten. Lichtet sich der Wald, kommen gelegentlich schöne moderne Einfamilienhäuser zum Vorschein, aber auch Prachtbauten. 

Aus dem Nichts staut sich der Verkehr plötzlich. In 2 km kommt ein Kreisverkehr, na ja, vielleicht ist etwas passiert. Navi zeigt auch einen See an,  oder eher den breiten Fluss Narew, der hier in Nieporet einen breiten See bildet und bald darauf in die Weichsel mündet. Aha, das ist wohl das Naherholungsgebiet Warschau. Blieben wir auf der AB vom werktäglichen LKW-Verkehr verschont, so stecken wir jetzt im Bade- und Wassersportbetrieb. Hoch die Hände, Wochenende. Aber ich glaube, an manchen Stellen war es nicht mal mehr möglich, die Hände zu heben. Mann an Mann am Strand, Auto an Auto auf den Parkplätzen. Hüpfburgen und noble Hotels am Wasser, alles wird heimgesucht. Ein lebendes Wimmelbilderbuch. Corona … was soll‘s.

Und nur knapp hinter dem rummeligen Betrieb ist die ländliche Beschaulichkeit wieder da, spätestens beim Abzweig zum Nachtlager auf einem CP am See am Agroturystyka Zabi Raj. Durch ein nicht sehr breites Tor geht‘s über einen schmalen Weg am Eselchen und den Ziegen vorbei. Sehr ordentlich wirkt alles und schön angelegt. Die Besitzerin lässt uns freie Wahl. Es gibt hier ein paar Parzellen und unterhalb am See einen Wiesenstreifen. Man stellt sich hin wie und wo man möchte, Strom sei umsonst, Duschen seien nicht in Betrieb. Wir peilen die Lage.

Und durch eine hohle (steile) Gasse erreichen Wim und das Concördchen die Wiese am See. Wenn sich nun noch die Mücken beherrschen, ist das Glück, zumindest für heute, vollkommen, ein Segen. 

26.07.2021 Montag

Gott sei Dank haben sich gestern Abend nur zwei Exemplare von Stechmücken mit ins Womo geschlichen, was ihnen letztlich das Leben kostete. Man muss Prioritäten setzen. In der Nacht fielen ein paar Regentropfen, aber der Morgen ist herrlich, nicht mehr so schwül, etwas Wind, und das Seeufer quasi an der Fußmatte, wir bleiben. Also hinein ins Wasser, heute ist Badeanzug-Tag. Das Wasser ist trüb, und irgendwo springen immer große Fische aus dem Wasser und tauchen mit richtig lautem Platscher wieder ein. Aber sie werden uns schon nicht fressen. Jedenfalls ist das Badevergnügen groß. Auch Bazou lässt sich von mir locken und nicht lumpen, dreht schwimmend einige Runden, während Chianga heute mal nur kneipp‘sche Bäder bis Unterkante Bauch nimmt. So ein Platz am Wasser ist und bleibt einfach die Krönung.

In einem gegenüber liegenden Uferbereich ist eine größere sandige Fläche mit zwei urigen Holzhäuschen zum Klettern und Spielen und einem nachgebauten verwitterten Bootswrack. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Wiesenstreifen, auf dem man campieren darf. Die Hunde zelebrieren ihre 5-Minuten-Spielchen, Sand ist immer verlässlicher Auslöser, und sie haben Spaß ohne Ende.

Heute ist auch genügend Muße für Fotorunden. Die naturbelassenen Ecken rund um den Bauernhof bieten wunderschöne Motive. Wildblumenwiesen mit allen möglichen herum schwirrenden und hüpfenden Insekten und Libellen, so groß wie die Schwalben, die haarscharf übers Wasser zischen.

Trauerweidengeäst und Schildrohr wiegen sich im Wind und Getier vergnügt sich im und auf dem Wasser. Eine Blässhuhnfamilie genießt saftiges Schilfgrün vom Grund des Sees, lange dicke Fische dümpeln herum mit Schwärmen von waghalsigen Wasserläufern um und auf sich.

Immer mal wieder ziehen dunkle Wolken auf. Die Sonne behält aber die Oberhand, was ich auch beim Blick in den Spiegel deutlich sehe: Tomate lässt grüßen. Abendsonne fällt daher aus, auch weil es nun doch regnet, und wir ins Womo flüchten, allerdings ohne die Libelle, die sich Wims Knie kurzzeitig als Landeplatz auserwählte. 

27.07.2021 Dienstag

Staunen am Morgen: der See liegt im dichten Nebel. Schwül-warm ist es, daher kann auch der Nebel vom Bad im See nicht abhalten. Stechmücken aller Arten sind schon emsig unterwegs, Frühstück fassen. Nachts sind wir gut davon gekommen, haben aber auch gestern Abend im Womo diese blutrünstigen Flugobjekte mit dem Licht von zwei Deckenstrahlern angelockt und getötet. Irgendwie kommen diese Viecher rein ins Womo, trotz Rollos. 

Heute ziehen wir weiter, aber nicht ohne kurzes Schwätzchen mit unseren Nachbarn, die sich im sozialen Netzwerk melden, weil wir in einer Facebook-Gruppe sind und sie uns erkannt haben. Na sowas, ein echter Zufall. Wir entsorgen und zahlen bei der herzlichen Dame des Hauses 20 €, und sie schenkt mir ein gehäkeltes Häschen, wirklich liebenswert sowas. Und dann geht die Post ab Richtung letzter Station in Polen vor der Grenze zu Litauen. 

Von den knapp 300 km verlaufen 150 km über die perfekte AB, die andere Hälfte über eine gut ausgebaute, aber nur zweispurige Straße, auf der auch der LKW-Verkehr Litauen donnert. In den ohnehin nur sehr dünn besiedelten Gebieten, die wir bisher gesehen haben, liegen auch auf dieser Etappe nur ganz wenige Ortschaften an der Strecke. Aber dadurch bekommen wir wenigstens mal einen kleinen Eindruck, wie die Bevölkerung hier wohnt und lebt. Das AB-Fahren gibt ja echt nichts her, ist nur, so finden wir, sehr gut, um natürlich Strecke zu machen und sich erst mal peu a peu einzugrooven in ein unbekanntes Land auf den meist nur kurzen autobahnlosen Abstechern zu den Übernachtungsplätzen.

Ganz auffällig sind hin und wieder sehr moderne Kirchen, die wie einige Windmühlen und hohe Masten mit Storchennester in den schwülen Sommerhimmel ragen. Irgendwie braut sich auch noch ein Gewitter zusammen, so scheint es jedenfalls. Scharen von Störchen staksen in der Landschaft herum, die durchsetzt ist mit Weihern, Seen und Flüssen, also fette Froschbeute in ebenso fetten Wiesen sichert. Dazwischen liegen eingestreut zwischen üppig blühenden Stauden kleine Gehöfte, vielfach Holzhäuser, ein paar Kühe, bunt geschmückte Wegkreuze passieren wir quasi vor jedem Ort.

In den größeren Städtchen fahren wir vorbei an sehr gepflegten und gärtnerisch gestalteten Vorgärten mit wunderschönen Kunstschmiedezäunen und tadellosen großen Häusern. Es fällt auf, dass die Häuser oft in einem sehr viel besseren Zustand sind als z.B. die Nebenstraßen dorthin. Das spricht doch sehr für die Menschen, die sich ihr Umfeld möglichst schön gestalten wollen und fleißig daran arbeiten, die öffentliche Hand, wer auch immer das sein mag, hinterher hinkt. Es sind jedoch wirklich nur allererste Eindrücke im Vorbeifahren. Jede Region wird, wie in anderen Ländern auch, ihre eigenen Bilder zeigen, und wir sind gespannt, welche wir noch „bannen“ können.

Vor einer prächtigen Kirche erwische ich noch geradeso im Augenwinkel eine lebensgroße Statue des polnischen Papstes. Er hat diese Region damals besucht, lese ich später.

Von der sehr gut zu befahrenen Straße Richtung Litauen biegen wir in Suwalken ab in ein großes Seengebiet mit Ziel CP auf einer Landzunge. Viele Radfahrer sind auf Radwegen unterwegs. Man sieht, es wird touristischer, aber nur leicht. An der schmalen Straße liegen kleine Geschäfte und Verkaufsstände, etliche Stege führen zum blitzeblauen Wasser. Familien mit Badetaschen suchen Abkühlung. Nach den ruhigen Tagen vorher ein lebhaftes, schönes Bild.

Und unser Ziel naht. Am Fuße eines hoch aufragenden, prächtigen Klosters in Erdbeerjoghurt-Rosa schaukeln wir auf eine perfekt gemähte und zum Seeufer stark abfallende Klosterwiese mit alten knorrigen Obstbäumen, nachdem wir uns durch die enge Einfahrt an mannshohen Stockrosen vorbei gewunden haben. Etwas schwierig ist es, das Concördchen im gerade noch so geeigneten Bereich der Wiese aufzubocken. Die seenahe Schräglage fordert die Hubstützen, aber es gelingt, auch wenn ich mich für Ein- und Ausstieg ins Womo nun fast ab- und anseilen muss, und wir glücklicherweise auch immer ein Höckerchen als „Kletterhilfe“ mit im Gepäck haben. 

Es gelingt mir auch, mich in dieser brütenden Hitze noch irgendwie in meinen Badeanzug zu wringen, aber es muss sein, und es zischt beim Eintauchen ins herrlich erfrischende Seewasser. Glasklar ist es, und zwischen Entenfamilien und Seerosenfeldern dümpelt es sich doch immer wieder grandios schön.

Am Himmel ziehen sich immer mehr dunkle Wolken zusammen, es grummelt, und 27 Regentropfen fallen. Das war‘s. Und so können wir uns schön nach draußen setzen ins kleine Lokal, von dem man Gutes las, und uns, in Ermangelung eines Mindestmaßes an polnischem Wortschatz, ein Gericht empfehlen lassen, denn die Speisekarte sagt uns rein gar nix. Die freundliche Betreiberin weiß Rat: für ca. 30 € (nur zur Orientierung) landen reichlichst drei verschiedene Salate, knusprige Bratkartoffel mit Remoulade, drei riesige gebratene Schulterstücke, Käsekuchen mit „Natursaft“ zum Dessert vor unseren Nasen. Dazu versickert in uns ein kühles Bier, vorne mit Wolf, hinten mit Bison - hoffentlich hält es nicht, was es da verspricht.

28.07.2021 Mittwoch

Welch ein Morgen, statt Glockengeläut erklingt früh um 7 vom Klosterturm eine Fanfaren-Melodie. 

Die Schwüle ist verschwunden, der Himmel klar und einfach nur Hochsommer.

Das imposante Kloster strahlt. Die Mönche des italienischen 

Kamaldulenser-Ordens, katholische Eremiten, haben damals im Jahr 1600undirgendwas hier auf der Halbinsel der Suwałki-Seenplatte mit dieser Standortwahl schon ein gutes Händchen bewiesen inmitten dieser herrlichen Natur in Polens jüngstem Wigierski-Nationalpark mit 40 größeren, teilweise miteinander verbundenen Seen und der einzigartigen Gewässerlandschaft mit Inseln, Buchten und Mooren. Hier sollen Polens sauberste Seen liegen.

Als Ausgangspunkt für Exkursionen in den Nationalpark und natürlich Besichtigung der Klosteranlage bieten sich die Parkplätze rund um den Klosterkomplex an, sie sind auch jetzt gut gefüllt. Aber vom Kommen und Gehen bekommen wir auf unserer Zeltwiese nicht sehr viel mit. Am Wochenende könnte hier allerdings „die Hölle los sein“. Es ist von der Geräuschkulisse her zwar auch im Moment nicht ganz so malerisch, was aber nicht stört. An der burgförmigen Anlage im barocken Stil wird nämlich gearbeitet. Nicht umsonst steht sie derart in Schuss auf der Höhe, dass man nur staunen kann. Im Laufe der Jahrhunderte musste sehr viel daran in Stand gesetzt werden, das Kloster wurde mehrfach beschädigt, im Ersten und besonders im Zweiten Weltkrieg wurde es fast völlig zerstört. Bereits vor 200 Jahren verließen die letzten Mönche das Kloster. Es ist seit 1973 an den polnischen Staat vermietet und zu einem Kulturzentrum ausgebaut.

Die 12 weiß gestrichenen kleinen Häuser der Eremiten werden heute an Besucher aus aller Welt vermietet. „Leben alleine mit Gott und für Gott allein“, nach diesem Leitsatz lebten damals die Mönche und befolgten strenge Regeln. So kamen die Mönche nur zu gemeinsamen Gebeten aus ihren spartanisch ausstaffierten Klausen zusammen und übten sich in andauerndem Schweigen und Fasten.

1999 besuchte Papst Johannes Paul II. auf seiner Polenreise das Kloster und hat auch 2 Tage hier gelebt. Damit ist er wohl der bedeutendste Gast, den die Klostermauern beherbergen durften.

Früher befanden sich am Fuss des Klosters zahlreiche Kaufleute und Handwerksbetriebe wie Brauereien, Ziegelwerke und Schmieden. Heute bieten Händler Schmuck, Souvenirs, Honig, Marmeladen, Leckereien aus dem Backofen und Eingemachtes an. Und zum Nachmittagskaffee ist jetzt etwas fällig: Baumkuchen und Kuchen mit kandierten Früchten. Ansonsten spielt sich heute nichts mehr ab, außer Baden, Schwimmen, im Schatten liegen. Mal sehn, ob wir morgen weiterziehen.