Kraichgau

14.07.2020 Dienstag

Morgens zeitig erscheint ein freundlicher Gemeindearbeiter und kündigt ganz höflich Mäharbeiten rundum an. Es wäre besser, wir würden wegen evtl. herumfliegender Steine umparken. Am Dorfende wäre ein passender Platz. Seinem sehr bemühten und zuvorkommenden Rat folgen wir natürlich, ebenfalls die 5 anderen Womos, die sich am Vortag noch eingefunden haben. Wir rücken ab, der Mann muss ja seine Arbeit unbehelligt verrichten können. Wim kennt aus seiner Zeit als Landschaftsgärtner, auch mit unserer kleinen Mannschaft damals für die „öffentliche Hand“ tätig, dieses Problem der so oft sich zeigenden Uneinsichtigkeit der Mitbürger. Rigoros wurden da Flatterbänder beseitigt, Warnungen in den Wind geschlagen, Hauptsache man konnte sein Auto fallen lassen. Schlimm manchmal. Aber die Zeit ist glücklicherweise vorbei für Wim. Er bugsiert unser Concördchen entspannt durch’s schmucke Dörfchen im Sonnenschein zum Ortsende, erstmal Frühstück, dann sehen wir weiter. 

Und weitersehen bedeutet heute morgen rüber über den Rhein und Ansteuern Werkstatt Carsten Stäbler in Waghäusel, Sichtung/Prüfung Gastank, nachdem sich der TÜV bei unserem Händler in Polch nicht in der Lage sah, für den Tank eine Lizenz rauszurücken. Wir sind nun sehr gespannt. Gut, ist der nicht mehr zu gebrauchen, dann ist es eben so. Aber Wims Wunsch war es schon immer, einen Gastank zu haben, einfach dadurch noch ein Stückchen autarker sein zu können. Wir werden auch insoweit weiter sehen.

Total nobel und modern wirkt das Firmengelände in Waghäusel: „Carsten Stäbler Reisemobiltechnik aus Leidenschaft“. Einige Womos parken auf dem großen Platz, der auch über Nacht genutzt werden darf. Hinter den weiten Werkstatttoren stehen jeweils 2 Womos hintereinander auf der Bühne und werden bearbeitet. Reichlich zu tun überall. Nach Anmeldung kommt sofort ein Mitarbeiter, zwei weitere kurz danach, alle schmeißen sich unter unser Concördchen, sammeln Erkenntnisse, tauchen kopfschüttelnd wieder auf, alles normal, völlig in Ordnung, was man uns denn da wohl erzählt habe, keine Bedenken, nichts, kann bestimmungsgemäß befüllt werden. Ein TÜV-Ingenieur, der generell 2 x täglich vor Ort ist, hört und schaut sich alles an, prüft und schreibt, macht sein „Gutachten“ zur Tauglichkeit, das wir bei der Zulassungsstelle brauchen, um den Gastank in den Fahrzeugpapieren eintragen zu lassen. Ja wer sagt‘s denn, läuft ... und flaschenloses Gas bald auch. Wir zahlen 220 €, eine Sorge weniger.

Dies wird ein teurer Tag, nicht, weil wir unterwegs noch ein gegrilltes Hähnchen zum Abendessen kaufen, nein, vielmehr weil wir uns nach herzlicher Begrüßung durch Barbara, die Winzerin, im Weingut Echle in Neipperg reichlich eindecken. Auch mehrere Brände werden in den Doppelboden wandern. Kräuter und Obst hier aus dem Kraichgau sind auch in flüssiger Form prima bekömmlich. 

Wir sitzen auf dem Hofgelände des Weinguts bei immer noch hochsommerlichen 31 Grad vor unserem Womo, da parkt direkt daneben ein PKW. Eine Frau steigt aus, strahlt, ja, natürlich, das ist ja jetzt ein Ding, nicht zu glauben, das ist Carmen, Carmen ein Teil des Ehepaares mit dem umgebauten LKW, die in Marokko im Ziz-Tal auf dem Platz der Familie Hakkou neben uns standen, mit denen wir ein paar schöne Tage zusammen verbrachten. Ist das noch die Möglichkeit? Aber sie hatten auf unserer Website nachgeschlagen, gesehen, dass wir in unmittelbarer Nähe zu ihrem Wohnort sein könnten, und sie wollte einfach mal schauen, ob wir nun schon hier sind oder nicht. Klar hatten wir viel zu erzählen. Marokko konnten wir ja noch im letztmöglichen Moment mit der vorletzten Fähre verlassen, sie kamen erst wochenlang später zurück. Froh, dass wir alle wohlbehalten irgendwie zurück gekommen sind, teilen wir die Hoffnung, bald wieder richtig „große“ Reisen machen zu können. 

Später am Abend plauschen wir nach Verzehr unserer Grillhähnchen noch mit einem vorbei spazierenden Ehepaar, auch Camper seit Jahrzehnten, ein sehr lustiger Austausch. 

Und das alles hier auf der Ecke im Örtchen Neipperg hinter unserem Womo. 

15.07.2020 Mittwoch

Gegen Morgen tröpfelt es vom Himmel. Ganz sachte knistert es auf‘s Womo-Dach. Die große Hitze von gestern ist erstmal futsch. Wim heizt ein, also vertieft sich zunächst in das Alde-Benutzerhandbuch und macht sodann das Duschwasser parat. Klappt perfekt. Ach wie schön, wenn alles funktioniert. Überraschungen insoweit haben wir in den vergangenen Jahren genug erlebt, braucht kein Mensch. Die Einteilung des Bads mit den richtig guten Staumöglichkeiten ist trotz des kleinen Raums sehr gut, und vor allem ist die Dusche sehr geräumig und für Wim hoch genug. Wir sind demnach auch was das Duschen angeht sehr froh, uns für das kleine Concördchen entschieden zu haben. 

Das Wetter ist weiter nass, daher sitzen wir im Womo herum und reden über Pro und Kontra der einzelnen Womos, mit denen wir herum gereist sind und schwelgen in Erinnerungen an Marokko. 

Später holt Wim unsere Ladung Gesöff mit der Sackkarre ab. Verstaut wird alles in den Untiefen des Doppelbodens. Soll man auch dem Alkohol nicht übermäßig zusprechen, so freuen wir uns doch darauf, mit der Familie an gemütlichen Abenden das ein oder andere Fläschchen zu genießen. Und hier ein Zusatz, speziell für meine Schwester, die im Moment mit „Rücken“ im Krankenhaus liegen muss: Samtrot ist auch wieder dabei ;-) - das gibt Hoffnung! 

Der späte Nachmittag bringt nochmal die Sonne zum Vorschein. Direkt ist es warm und blau. Gute Gelegenheit, mal hier auf den sich windenden Weinbergwegen ohne Hundeanhänger zu radeln. Bazou trabt neben dem Fahrrad her berauf bergab, er liebt das Rennen über alles, egal wie weit die Zunge raushängt und nebenher flattert. Chianga ist in dieser Disziplin weniger sportlich, sie flitzt mit, aber eher notgedrungen und beiweitem nicht so ausdauernd. Jedenfalls haben wir Spaß zusammen und tolle Aussichten auf eine herrliche satte Landschaft, Rebstöcke an den Hängen, prall voll mit Trauben, und weite Getreidefelder in der Ebene, eine Landschaft aus Brot und Wein.

Wilde Kirschen, Quitten, Pflaumen, Schlehen, Holunder und Äpfelchen, alles gedeiht am Wegesrand, das erste Dunkelviolett der Brombeeren blitzt hier und da, die Heckenrosen sind verblüht, die Hagebutten färben sich langsam. In der warmen Abendsonne einfach paradiesisch schön. 

Auf einer Weide am Flüsschen stehen haarige Rinder verborgen im hohen Gras, keine großen Tiere, aber mit wehendem Fell. Ein Junges ist dabei, das sehr gut flankiert wird von Mutter und vermutlich Tanten. Sie tragen imposante Hörner, erinnern mich an südamerikanische Länder, obwohl keine Panflöte hörbar ist. Sie sind ziemlich zutraulich trotz Elektrozaun und fressen ein paar Zweige aus der Hand. 

Zurück am Womo sind weitere Womos eingetroffen. Nun stehen wir hier zu Fünft. Eine dänische Familie ist mit Leihmobil unterwegs, ziemlich überfordert, was V + E betrifft. Wim kann helfen, und die Dänen sind sehr erleichtert. Ja, so am Anfang ist das Womo-Reisen noch recht kompliziert. Und die Nervosität legt sich nicht, wenn die Abwasser-Anzeige Null Tankinhalt anzeigt, es aber überall rausschwappt und man keine Ahnung mehr hat, wie einem der Vermieter diese Vorgänge erklärt hatte bei Anmietung. 

Da Palino im Ort heute Pizzatag hat und jede für 5,40 € zu haben ist, bleibt die Womo-Küche kalt und es rappelt im Karton. Passt gut, denn der korrespondierende Wein ist ja ohnehin schon an Bord.