Tag 54 - 09.03.2023 Donnerstag
Nun heißt es Abschied nehmen. Atlantik ade. Wir haben uns entschieden und fahren Richtung Norden. Weiter südlich bis Laayoune würde bedeuten, wir fahren 600 km, um letztlich wieder in TanTan zu landen, eine riesige Runde wäre das durch Wüstenland. Da die Zeit aber irgendwie rennt und wir auch nicht endlos in Marokko bleiben, „investieren“ wir Zeit und Kilometer lieber, um uns durch die Berg-, Täler-, Fluss- und Oasenwelt zu schlagen und ins Inland zu fahren. Das bedeutet, erstmal wieder zurück nach Guelmim. Wir verabschieden uns bei sehr bedecktem Himmel und kräftigem Wind von unseren FB-Freunden und biegen nach links ab auf die N1. Sand und flache Sträucher überziehen die Flächen, der Wind fegt den Sand über den Asphalt, kaum jemand unterwegs, selbst im Kuba-Nest Sidi Akhfennir ist es still. An der Tankstelle, die sogar ein extra Moschee-Räumchen zum Beten hat, fahren wir vorbei und bedauern den jungen Mann, der den Platz vor einem Hotel fegt und fegt und kaum nachkommt vor lauter Verwehungen.
Gesellschaft leistet uns ein Stück weit ein LKW, in dem auf mehreren Etagen und sogar auf der Dachterrasse Schafe reisen. Wohin die Reise wohl geht? Vielleicht zum Kamelmarkt am Wochenende nach Guelmim. Durch die drei Oueds geht‘s auf und ab, mal auf perfektem, mal auf marodem Asphalt, aber ohne Komplikationen und Schlagloch bedingte Schockmomente.
TanTan ist zügig erreicht, durchfahren und Guelmim nicht mehr weit. Auch die Sonne ist nicht mehr weit, es wird blauer. Diese Strecke ist nach Fertigstellung ganz sicher der Renner, von dem fast der komplette Schwerlastverkehr, der Afrika versorgt, sehr profitieren wird. Wie sich das Straßendorf, mehr eine Aneinanderreihung von Hüttchen und Verschlägen, mit seinem Treibstoffverkauf dann entwickeln wird, bleibt spannend. In vielen Jahren wird man in nostalgischen Geschichten sicher erzählen, dass damals noch Sprit in Flaschen angeboten wurde, es nicht mal eine Tankstelle auf der langen Strecke gab.
Kurz vor Guelmim grast eine Dromedarherde ohne Hast direkt am Straßenrand. Und dann schlüpfen wir auch schon unterm Torbogen hindurch. Die Stadt kennen wir mittlerweile sehr gut. Sie ist Dreh- und Angelpunkt, von dem aus man etliche Ziele erreicht. Geldwechsel steht an, aber die Banken haben schon geschlossen. Im Marjane erledigen wir noch einen Einkauf und können an der Tankstelle kostenlos auch unseren Wassertank füllen.
Zum Übernachten steuern wir wiedermal, weil es sich dort so gut schläft, die Oase Tighmert an, die im Licht der späten Nachmittagssonne immer wundervoll strahlt, allerdings einen CP mit kürzerer und weniger rumpeligen Zufahrt als vor einer Woche, so hoffen wir jedenfalls. Und es passt. Zwar im Schneckentempo muss das Stück abgeritten werden, obwohl es nach dem Unwetter schon gut mit Split planiert wurde. Tückische Wellen und Löcher gibt es dennoch. Aber den Eingang zwischen den Lehmmauern sieht man schon und einige weiße Dächer.
Der Hausherr winkt uns schon und lotst uns freundlich und recht gut Deutsch sprechend hinein, begrüßt uns in seiner Familie. Recht voll ist es hier, aber im hinteren Bereich ist auch noch Platz, der sich allerdings blitzartig füllt. Wir stehen prächtig, direkt am Haus und am Hof der Familie. Zwei süße Welpen flitzen aus der Tür, die zahlreichen Kinder der Familie gehen sehr liebevoll mit ihnen um, ein Teller mit Essensresten steht im Hof. Man sorgt für die Hündchen, vermutlich auch für die Katzen, die herum lungern. Die Mutter sitzt an der Hauswand auf dem Boden, eines der Mädchen liegt auf ihrem Schoß. Sie müht sich Scheitel für Scheitel durch das sehr dichte krause Haar des Mädchens, das vermutlich von Läusen geplagt wird, und schmiert die Kopfhaut mit einer Salbe ein.
Wir können draußen essen. Ein mit Zitrone und Petersilie gewürztes Putenfleisch aus dem Marjane wird mit Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch gebraten und mit Brot verspeist. Und eine wunderbare Abendstimmung legt sich über die Oase. Ich liebe diese Momente sehr. Es ist einzigartig, dieses Licht und die Dämmerung zwischen Lehm und Palmen. Wunderschön. Es wird frisch, obwohl das Thermometer heute bis 30 Grad kletterte. Wir sind gespannt, wie es im höher gelegenen Tafraoute sein wird, denn das wollen wir morgen erreichen.