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Dienstag, 21.02.2014

Wir finden den Weg zum Agriturismo Calamosche ohne Probleme, allerdings geht es auf knapp 3 km über ausgewaschene Holperpisten. Aber wir sind froh, dass es überhaupt der richtige Weg ist und wir noch vor dem Abend ankommen. 

Eine Idylle tut sich auf. Mitten in der Natur schwenken wir nach rechts ab in einen großen ursprünglichen Olivenhain auf einer Frühlingsblumenwiese. Da stehen wir nun. Kein anderer ist da. 

Der Bauer begrüßt uns freundlich. Mehrere Hofhunde traben an und kümmern sich friedlich gesonnen um Bazou. Vermutlich kann er auch schon ein paar Brocken Italienisch. Wir schließen unser Stromkabel an ein im Baum baumelndes Kabel an. Bezahlen wollen wir, aber das sei umsonst, sagt uns der Besitzer.

Wir kochen uns Spaghetti mit dem Rest Hackfleisch von gestern, wundern uns begeistert den ganzen Abend lang, wo wir hier wieder gelandet sind und freuen uns sehr auf den morgigen Tag und die neuen Entdeckungen.

Mittwoch 22.01.2014

Wir schlafen himmlisch in der Ruhe im Olivenhain. Nachts bellten ein paar Hunde. Was hat Bazou es gut! Einer der Hofhunde hat wohl die ganze Nacht vor unserer Tür verbracht. Der Himmel ist blau, keine Wolken, nur etwas dunstig. Die Sonne kommt durch. Wir frühstücken mit dem ekelhaften Brot, das Wim entgegen dem Rat des Tankwarts in einer Bar gekauft hat. Es ist wirklich scheußlich.

Wir drehen eine Runde durch den Hain. Im abgelegenen hinter Teil gibt es noch größere Ackerflächen mit Gemüse. Überall hängen Lampen und Steckdosen in den Bäumen, jenseits jeder deutschen Elektroverkabelungs-DIN-Norm. Aber wer braucht schon Strom, wenn man so etwas hier hat? Auch die doccias sind abenteuerlich. Daran hätte der Innungsmeister des Sanitärfachhandwerks seine wahre Freude.

Man hat nicht Augen genug, muss rechts und links gucken. Und obwohl es hier nichts Aufregendes gibt, liegt das Augenmerk auf den vielen Details. Überall könnte man sich einnisten. 

Wir machen uns auf den Weg durch das Naturschutzgebiet zur Calamosche, eine der schönsten Buchten Siziliens. Also wir nehmen an, dass wir dorthin wandern, haben aber übersehen, dass wir, die so gar keine echten Wandersleut' sind, den falschen Spazierweg genommen haben und nun an zwei der Küste vorgelagerten Süßwasserseen gelandet sind. Hier zieht sich an der Küste ein 8 km langes Naturschutzgebiet entlang. Einfach eine wunderbare Naturlandschaft. Und das alles unter blauem Himmel und Sonnenschein. 

Wir beschließen, eine weitere Nacht hier zu bleiben und besichtigen ausgiebig ein zum Verkauf stehendes Anwesen, restaurierungsbedürftig, mit phantastischer Vista sul Mare, träumen vom Umbau, auch mit ein paar Stellplätzen für Wohnmobile, von einer Ridgeback-Zucht vor allen Dingen. Als hätten sie es gehört, hängen sich vier große weiße Hunde an uns, zwar in etwas Abstand, aber ich höre die Knurrgeräusche, sie sind schon leicht bedrohlich, so dass ich mit ihnen schimpfe, sie anknurre, und sie verstehen tatsächlich und vergrößern den Abstand. Bazou staunt nicht schlecht. Ich denke immer wieder an das Buch Dog Boy, faszinierend für mich diese Schilderungen eines wild lebenden Rudels, dem sich ein kleiner Junge anschließt.   

Am Womo ruhen wir uns zwischen Oliven und Zitronen etwas aus, sonnen uns, essen Bruschetta, eingelegte Paprika, Käse. Den jungen Arbeiter auf dem Hof frage ich, ob ich einen Bruccoli kaufen kann. Es ist gar kein Problem, er schnappt sich sein Fahrrad und radelt zum Gardino und kommt mit 2 roten Blumenkohl zurück. Ich hab noch nie roten Blumenkohl gesehen! Grüne wären im Moment nicht da, und die Bianco noch zu klein. Wir geben ihm 5 €. 

Gegen 15 Uhr marschieren wir nochmal los, wir wollen doch mal diese einsame Bucht sehen. Der Weg führt nur durch das Naturschutzgebiet, Hunde sind, wie wir später von einem Mann, der uns per Handschlag begrüßt, verboten, wir sollen auf die Förster achten. Es kam aber Gottseidank keiner. Der Weg verläuft wieder durch herrliche Natur, ganz flach an der felsigen Küste entlang. Man kann bis nach Sirakusa sehen. Wir kommen an einem Steinbruch vorbei. Hier schnitt man mal die Steine für den Hausbau. Sie sehen aus wie ganz feine Hohlblock, auch farblich, sind aber aus Gestein geschnitten, hätte ich so gar nicht vermutet. 

Die Bucht ist malerisch, dunkle rotbraune Felsen, feiner Sand, türkis schimmerndes Wasser. Im Sommer ist der doch recht lange Weg von 2 km dorthin sicher nicht ganz so prickelnd. Wir machen uns langsam auf den Heimweg. Der leckere Bruccoli, zu dem es die fertigen Röllchen von Pasquale aus Montallegro geben soll, wartet. Ich denke so beim Gehen, unser heutiger Tag war so reif wie die reifste Zitrone um uns herum, da wird es unser nächstes Ziel Noto schwer haben. 

Donnerstag, 23.01.2014

Das frühe Aufstehen klappt. Na ja, wir wollen mal nicht wieder so rumtrödeln. Wir bezahlen 24 € für die 2 Nächte und rumpeln den Feldweg zurück zur Asphaltstraße. Wenn sich hier 2 Womos entgegen kommen, dann aber! Die Sonne scheint wieder, es ist richtig warm. 

Wir fahren Richtung Noto, dem weiteren barocken Schmuckstück Siziliens. Am Ortseingang sieht Wim im Vorbeifahren ein 2,70m-Höhenbegrenzungsschild, also nichts für uns. Kurz danach sehe ich einen Wegweiser zu einem Parcheggio Camper, der auch noch Gratistransfer nach Noto anbietet. Das ist ja mal was! In einer Plantage direkt an der Bahnlinie geht's zum SP über eine kleine Straße mit sehr enger Einfahrt durch ein großes Tor. Direkt vorne baut der Besitzer sich ein altes Häuschen neu auf, sieht sehr schön aus. 

Seine Mutter Maria lotst uns rein zu einem Platz. Transfer Noto sei gar kein Problem. Ihre Navetta steht quasi parat. Wir parken und steigen auch schon in den Kleinbus, Bazou hinten rein, und ab geht's. Sie fährt uns bis kurz vor‘s Zentrum, und wir besichtigen Noto, die spätbarocke Stadt, die zum Weltkulturerbe gehört. Sehr imposante Bauwerke, gebaut aus hellem Kalktuff, alles strahlt in der warmen Sonne vor dem Himmelsblau. Eine schöne Stimmung herrscht. Viele junge Leute sind unterwegs. Wir kaufen eine neue Karte für das iPad. Ich sehe eine Ape mit montiertem schmiedeeisernem Geländer auf der Laderampe, einfach toll! 

Wir schauen uns den Duomo an, der im Altarbereich noch renoviert wird. Ein älterer Mann will mir noch den Apostel Lukas zeigen, der ist allerdings als einziger von den Zwölfen total verhüllt. Ich finde aber in der Kuppel ein Gemälde von Lukas. Ich bitte ihn um Unterstützung für meinen Lukas zuhause. Due Espressi, ein Photo mit der Polizia, ein Souvenir für Mama, ein kleines gesticktes Schirmchen, und es geht zurück zum Abholort, wo uns pünktlich wie abgemacht um 14 Uhr Maria wieder abholt. Vorher können wir noch die nötigen Einkäufe im Supermercato erledigen. 

Wir wollen direkt weiter fahren nach Siracusa, zahlen 8€ für Parken und Transfer und quetschen uns wieder aus der SP-Einfahrt raus. Kurz vor Siracusa geht's links ab zum nächsten SP, wieder ein Agriturismo, und wieder eine enge Gasse. Vor einer Toreinfahrt liegt direkt an der Straße, ohne Zaun, ohne alles, ein wirklich riesiges Hausschwein. Schade, dass ich es nicht so schnell fotografieren konnte. Der SP ist urig. Die Frau an der Anmeldung stellt begeistert fest, dass Bazou ein Ridgeback ist. Sie sei Tierärztin, habe selber 17 Hunde, und in ganz Sizilien gäbe es wohl nur einen einzigen. Also wir wissen, dass es 2 gibt! Bazou stürmt mit einem ihrer Hunde sofort über die riesige Blumenwiese. Außer uns stehen noch verstreut 2 Engländer. 

Wir essen das gegrillte Hähnchen mit Brot und Tomaten und verbringen den späten Nachmittag und Abend mit Lesen und Internet. 

Freitag 24.01.2014

In der Nacht gibt es heftige Gewitter. Die Hunde der angeblichen Tierärztin, die 17 Stück, haben durchgängig in ihrem Außengehege gebellt und gejammert. Grauenvoll für die Armen. Was die Fachfrau sich nur dabei denkt! Schlimm!

Es ist nicht kalt, der Himmel aber bewölkt. Wim will daher nicht so gerne bleiben und die Räder runter nehmen. Also ist Weiterreise angesagt. Im Tagesverlauf wird das Wetter wieder herrlich, zwar mit frischem Wind. Wir werden heute Siracusa, besichtigen, dann nach Brucoli zur Übernachtung weiterfahren und morgen Anfahrt Rifugio am Etna über Catania. Mal sehn, was daraus wird. Jedenfalls bin ich schon aufgeregt, wenn ich an den Etna denke!

Wir machen uns reisefertig und bezahlen unverschämte 20 € für die nicht vertretbaren Zustände auf diesem viel gepriesenen CP! Die Ausstattung des CP ist nämlich unter aller Kanone. Irgendwo in der Wiese hätte man unter hohem Gras einfach entsorgen können, wie man uns sagte. Ich beschwere mich und kündige an, dazu etwas an ACSI und ADAC zu schreiben.

In Siracusa suchen wir den vorgeschlagenen SP, Navi leitet uns sehr seltsam, außerdem stehen wir vor einer Brücke und nur zulässig bis 3,5t. Damit wird nochmal Umkehren nötig und Abstellen auf einem großen freien Parkplatz mit Parkautomat auch für Camper vor der Halbinsel Ortigia.

Wir wollen ein Ticket kaufen, was Stunden später auch gelingt, weil der Automat 10 € verschlingt, aber nichts hergibt. Glücklicherweise sind Parkwächter da, sehr freundlich haben sie samt Polizei uns weiter geholfen, einer erzählte auch noch von seinem Onkel in Ulm. 

Jedenfalls ist die anschließende Stadtbesichtigung sehr zum Staunen, wir schlendern durch wunderbare Gassen und sehen imposante Pallazzi. Der Kern der Altstadt liegt auf einer 40 ha großen Insel zwischen zwei Flussmündungen, was auch etwas ganz Besonderes ist.

Vielleicht hat Cicero schon recht: Siracusa ist die größte und schönste aller griechischen Städte. 

.... und, keineswegs zu vergessen,

der himmlisch schöne und prächtige Dom dieser wundervollen alten Stadt.

Wir kaufen an einer Ecke etwas Süßes, 4 blättrige flache Kuchen, und ein dickes Panini, teilen uns das leckere Ding mit Pollo und Mozarella, zahlen dafür 5 €. Nächste Ecke ist Gelati fällig, das Erste in diesem Urlaub überhaupt, und damit auch die ersten Corni für Bazou, der immer den letzten Zipfel der spitzen Waffel bekommt. Lecker, eben Italien! 

Wir verlassen das sehenswerte Siracusa Richtung Brucoli. Da aber eine Sperrung ist, das Navi auch irgendwie nicht mehr nachkommt, irren wir etwas herum und entschließen uns, den CP in Catania anzufahren. Das klappt gut. Wir nehmen den etwas längeren Weg mit iPad auf dem Schoß über den Autobahnring Catania. 

Nichtsahnend auf der Autobahn unterwegs, zeigt er sich plötzlich, absolut unvermittelt und völlig unerwartet: der Ätna.

In voller Pracht scheint dieser 3400 m hohe Vulkan förmlich vor und neben uns zu schweben. Sein weißes Haupt ragt erhaben über das im Tal liegende und sich an seinen Flanken hinauf ziehende Catania. Als ob er sein Rumoren verbergen will, schmiegt sich der schneeweiße herausquellende Rauch um den Krater und legt sich seitlich auf den Abhang.

Einfach ein gigantisches Bild. Aus dem Nichts. Und das auch noch vor wolkenlosem Himmel. Aber auch ein Bild, das sehr trügerisch ist. Denn schon längere Zeit ist über Aktivitäten im Inneren des Ätna zu lesen. Man weiß nicht, wie lange das Deckmäntelchen aus Rauch noch so schneeweiß bleiben wird.    

Wir können unser Glück in diesem Moment jedenfalls kaum fassen, und die Größe, das Ausmaß dieses Vulkans erst recht nicht. Da haben wir sehr sehr viel Glück ! 

In Catania fahren wir den CP an. Er ist recht klein und liegt auf schwarzen Lavaklippen direkt am Meer. Sehr freundlich ist der Empfang und wir finden einen guten Platz. Heute Abend gehen wir essen im Ristorante auf dem Platz, die Womo-Küche bleibt kalt. 

Samstag 25.01.2014

Wir brechen auf und nehmen die Richtung Notico quer durch Catania. Viel Verkehr herrscht, emsiges Einkaufen rechts und links der Straßen. Man sieht hier schon sehr tolle Häuser hinter schweren Toren, Geld scheint vorhanden, viel Geld sogar, Mafia. Auch die Autos werden auffällig größer, schneller und teurer. Alle Wege führen steil bergauf. Kaum vorstellbar, dass Catania schon mehrfach dem Erdboden gleich war nach Ausbrüchen des Ätna. 

Wir wollen weiter, soweit es geht, um den Ätna rum. Die Straße ist sehr gut ausgebaut. Schnell erreichen wir die Ausläufer der Lavafelder. Gespenstige Bilder tun sich auf jedem Meter auf. Rundum nur Lava, zunächst bemoost, hell anthrazit und mit leichtem grünen Schimmer, aber zunehmend schwarz werdend, je höher wir kommen. Doch dann wird die pechschwarze Lava weiß, erste Schneefetzen sehen wir, und sie werden zunehmend groß und größer. Dann liegt schon etwas Schnee auf der Straße, Schneewehen an den Seitenrändern. 

Wir überlegen umzudrehen, Wim fährt aber noch die 2 km bis zum Rifugio auf 1900 m. Da ändert sich auf der kurzen Strecke das Wetter gewaltig. Es schneit, tiefster Winter, ein Auto kommt mit Ketten aus der Richtung Via Mareneve, die wir befahren wollten, dahinter die Polizia. 

Wir ziehen, am Rifugio angekommen, die dicksten Jacken an, Bazou will gar nicht raus. Als er sich aber doch zum Mitkommen entschließt, wird er total verrückt und albern im Schnee. 

Ich will in einem Souvenirladen etwas einkaufen als Mitbringsel für zuhause, finde auch eine kleine Eule und ein Pferdchen und eine kleine Mutter Gottes für Mama, alles aus Lava, zwar kitschig, aber wirklich vom Ätna. Und es schneit und weht. 

Wir schlittern sofort wieder zum Womo und fahren vorsichtig über die innerhalb von 15 Minuten zugeschneite Straße zurück, sammeln unterwegs noch einen Lavabrocken ein, kehren auf halber Strecke in einem Ristorante ein, ungemütlich kalt, aber sehr urig und freundliche Bedienung. Wim verzehrt einen Teller Grill-Carne mit Fritten, ich esse leckere Pasta mit geschmorten Melansane, Fungi und Pomodori. Dauernd gucke ich mir das Wandbild an, schreckliche Vorstellung, Auge in Auge mit einem fließenden Lavastrom zu stehen und um sein Leben, Hab und Gut zu bangen.

Nun wurschteln wir uns durch den Verkehr in Catania und suchen den nächsten Übernachtungsplatz Nähe Taormina. Wir wollen auf einen CP, weil wir da vielleicht regeln lassen können, dass uns ein Taxi mit Hund nach Taormina transportiert. Mit dem Womo hinauf fahren ist umöglich, zu Fuß für uns ebenfalls. Aber ein Taxi nimmt normalerweise keinen Hund mit. Wir hoffen darauf, dass es letztlich nur eine Frage des Geldes ist. Wir könnten ein Angebot machen, dass er nicht ablehnen kann, der Taxifahrer. 

In San Marco 11 km vor Taormina fahren wir einen CP an. An den Rändern der schmalen Zufahrtsstraße liegt recht grober Lavasplit. Hier hat es wohl vor nicht langer Zeit geschneit, und Lava wurde gestreut. Ich erinnere mich an die Winterzeit in meiner Heimat, der hügeligen Vulkaneifel. Waren die Straßen verschneit, wurde Lava auf die Schneedecke gestreut zur Hemmung der Rutschgefahr. Taute der Schnee weg, waren die Straßenränder gesäumt vom Lavasplit. Kaum zeigte sich die Frühjahrssonne, wurden die Rollschuhe vorgeholt. Dann musste man höllisch aufpassen, nicht mit den Rollen in den Split zu geraten, sonst war eine Bauchlandung sicher und schmerzhaft.   

Mit diesem Gedanken rollen wir auf den jungen Mann vom CP zu, der sehr freundlich ist, aber der Patron, der mit dazu kommt, ist wirklich ein unfreundlicher Stinkstiefel. Ich hatte den Eindruck, wir kommen völlig ungelegen!

Wir stellen uns sofort Nähe Einfahrt, suchen nicht herum auf dem sozusagen leeren Platz.

Aus dem deutschen Hymer nebenan steigt eine Frau mit extrem motzigem Gesicht, der haben wir scheinbar auch etwas getan. Du lieber Himmel, was liegt denn hier in der Luft.

Wim geht mit Bazou zum Strand, ich bereite Essen vor, Zucchini und Bratwurst im Backofen. Wir schauen uns den sich rot färbenden Abendhimmel und später einen Donna Leone Krimi an mit schönen Bildern von Venedig, noch schönere Erinnerungen werden wach. 

Spät abends schleicht unser Nachbar neben unser Womo und scheint zu fotografieren. Wir gucken und sehen, dass an einer Flanke des Ätna zwei lange feuerrote Bahnen leuchten. Es sind glutrote Lavaströme, die seitlich aus dem Krater quellen und hinab fließen. Im rot gefärbten Rauch sieht man immer wieder rot glühende Punkte, die in die Höhe schnellen und in weiten Bögen irgendwo im Dunkel der Nacht verschwinden. Ein unbeschreiblicher Anblick!

Unser Nachbar erzählt uns, dass das schon seit Dezember so sei, aber man es so gut wie jetzt  noch nicht habe sehen können. Da haben wir wieder Glück! Also mir verschlägt dieser Anblick wirklich den Atem. Ich kann nur schlechte Fotos machen, die Kamera mit meiner Hand für die lange Belichtungszeit nicht ruhig genug halten. Und wegrühren, um irgendein Stativ zu basteln, geht auch nicht, wie gebannt stehen wir da und schauen uns dieses gewaltige Naturerlebnis an. 

Am Rande erläutert uns unser Nachbar noch, dass es sich bei der Lava an den Straßenrändern um Ascheregen handelt. Man muss sich mal vorstellen, dass Lavakörner in dieser Größe und in dieser Menge durch die Luft fliegen und niederprasseln, so viele, dass man große Haufen zusammenkehren kann. Ascheregen, ja das Wort kenne ich, aber meine Vorstellung davon war erheblich anders.  

Sonntag 26.01.2014

Der Platzwart ist heute freundlicher und schafft es tatsächlich, ein Taxi zu besorgen. Für 55 € können wir mit Hund nach Taormina gefahren und wieder abgeholt werden. Wir machen das, und das Taxi fährt um halb 11 vor. Bis dahin schauen wir uns wieder total beeindruckt den Etna an. Er liegt da, schneeweiß, nichts verrät auf den ersten Blick etwas über seine nächtlichen Tätigkeiten. Aber beim genauen Hinschauen, sieht man in den weißen Schneefeldern eine schwarze breite Spur, die weit talwärts läuft, exakt die Spur, die heute Nacht die glühende Lava hinterlassen hat. 

Zunächst kutschiert uns der alte Mann nach Giardini Naxos, um uns stolz die Aussicht von dort auf Ätna und Meer und Taormina zu präsentieren. Hier gibt es auch etliche SP, die wir uns aber nicht anschauen. Überwinterer mit Womo fühlen sich hier wohl auch wohl. 

Und weiter geht es, die Serpentinen hinauf, ins romantische, einzigartige Städtchen Taormina mit seinem Traumpanorama. Es ist sonnig, wolkenlos und blau. Ganz sicher ein perfektes Wetter für Taormina und den Ätna. Also durch die Porta Messina hinein ins Vergnügen.

Die Geschäfte sind zwar heute am Sonntag überwiegend geschlossen, aber es herrscht doch Betrieb in den Gassen. Zu Beginn kaufen wir zwei kleine Krippen. Wie immer sind die Menschen so freundlich, Handschlag gehört fast überall dazu. 

Unser Rundgang führt uns auf das Felsplateau des Monte Tauro zum Teatro Greco, der schönsten Bühne der Welt, im 3. Jh. v. Chr. von den Griechen erbaut und im 2. Jh. n. Chr. von den Römern erweitert. Eine antike Stätte, die man häufig auf Fotos sieht, wenn für Sizilien geworben wird, und auf die wir sehr gespannt sind.

Angekommen sind wir sprachlos, es ist unfassbar schön hier oben, die Ruinen dieses antiken riesigen Theaters mit seinen halbrund ansteigenden Rängen für über 5000 Besucher, mit den Durchblicken auf Meer und kleinere Gipfel, üppige Vegetation, Bergketten aus Lava, und über allem der schneebedeckte weiß qualmende Ätna. Ein paar Mal kann man deutlich etwas wie Donnergrollen hören. Einfach phantastisch, einzigartig und unvergesslich. Das Wort "majestätisch" fällt mir ein und ist wahrlich nicht übertrieben. Dieser Berg ist eine majestätische Schönheit. Welch eine Kulisse für dieses Theater, in dem Schauspiele aufgeführt wurden, später aber nur noch Gladiatoren- und Tierkämpfe stattfanden.   

Ist es solch ein Augenblick, der Leben - und Reisen - ausmacht?

Ich spüre, nein, das ist es nicht. Unvergesslich Lebens- und Erlebenswertes trägt solch ein Augenblick nur in sich, weil er ein Staunen, eine Ergriffenheit auszulösen vermag, die bewegt und Gedanken an Wichtigkeit und Unwichtigkeit aufkommen lässt, neu sortieren lässt, Spreu vom Weizen trennt, Sonntag im Herzen zaubern kann, nicht nur, weil heute Sonntag im Kalender ist. 

Wie wichtig doch das Augenlicht ist, das mir jetzt nahe bringt, dass ich eigentlich bisher noch nichts Beeindruckenderes gesehen habe. Denn das Betrachten eines aktiven Vulkans kann doch mit kaum etwas anderem verglichen werden. Und gestern sind wir ihm noch im dichten Schneetreiben auf fast 2000 m sehr nahe gekommen. 

Hier oben in Taormina erkennt man sehr deutlich den pechschwarzen Lavastrom, der sich nachts rot glühend hinunter ergossen hat. Schnee liegt darauf nicht. Vielleicht in einem anderen Jahr.  

Berauscht von den Eindrücken schlendern wir über den Corso, es zeigen sich immer wieder winzige wunderbare Gassen und traumhafte Ausblicke auf‘s Meer. Warm vermummte schicke Italiener flanieren herum, Touristen eher sommerlich gekleidet.

Wir setzen uns auf einer sonnenbeschienenen Piazza an einen kleinen Tisch in erster Reihe und genießen bei einem Glas Weiswein ein Sonntagsessen - Vongole. Danach wollen wir noch ein Gelati in der Pasticceria D'Amore kaufen, die ist aber leider geschlossen. 

Pünktlich um 16 Uhr holt uns unser Taxifahrer wieder ab, und wir fahren zum Womo zurück. Einen kleinen Spaziergang zum wirklich langen, breiten Strand unternehmen wir noch, bevor wir mit Einbruch der Dämmerung den nach und nach immer deutlicher werdenden strahlend glutroten Lavastrom am Ätna mit Fernglas beobachten.

Abends werden die Reste von gestern aufgetischt. Selbst ein Resteessen kann die spektakulären Eindrücke des heutigen Tages nicht schmälern. 

Montag 27.01.2014

Reisetag! Wir werden Sizilien heute verlassen. Die Nacht war ziemlich unruhig, und Bazou und ich haben sehr wenig geschlafen. Zuerst kam er in mein Bett, weil es irgendwo wieder knallte. Dann, endlich wieder allein im Bett, begann ein wahnsinniger Sturm, es blästerte so stark, dass das WoMo hin und her schaukelte. Ich hatte schon reichlich Angst, was Bazou wohl merkte oder auch selber ängstlich wurde, so dass er wieder in mein Bett kam. Wir haben dann sicher 1 bis 2 Stunden wach gelegen, dem Sturm notgedrungen zugehört und den Lavastrom am Ätna leuchten sehen. Wim schlief. Morgens bin ich natürlich entsprechend schlapp.

Die Fahrt nach Messina zur Fähre läuft gut, im Sonnenschein am Meer entlang.

Vor Messina verdichtet sich alles, hier muss irgendwo ein Nadelöhr kommen. Sehr starker Verkehr, aber was heißt hier „starker Verkehr“? Ein Gewusele und Geschiebe und Gedränge, aber irgendwie passt alles, man muss nur die Nerven behalten und natürlich darauf achten, dass man sich nicht zu nah an den Straßenrand drängen lässt und plötzlich einen Sack Kartoffeln oder einen Blumenkohl am Außenspiegel hängen hat.    

Trotz allem erreichen wir die Fähre heil an Körper, Geist und Blech.

Wir werden flott verschifft, kurz und schmerzlos, und legen ab. 

Im Vorbeiziehen grüße ich die Madonna, sie hat gewiss ihr Bestes getan, denn unsere Reise rundum Sizilien war wundervoll und hinterlässt in uns einen nachhaltigen Eindruck. 

Und nun: auf zu neuen Ufern!