25.02.2017    Zeida via Ifrane bis Fes

25.02.2017 Samstag - Fes 

Am Morgen sieht man die gewaltige Bergkette des Hohen Atlas, die weit hinunter tief verschneit ist. Der Himmel ist blau, strahlendes Wetter, kalt. Wir duschen, zahlen teure SP Gebühr mit 120 Dirham und sind flott weg. Über die N13 geht es weiter, und ein Schneepflug kommt uns entgegen. Gute Strecke, eng oft, fransig an den Rändern, aber gut zu fahren. Wir haben den Col du Zad mit knapp 2200 m vor uns. Die Landschaft ist herrlich, überall leuchten weiße Gipfel in der Sonne, hier ist die Gebirgsscheide zwischen Mittlerem und Hohem Atlas, eine der ärmsten Regionen Marokkos. Am Wegrand sieht man auffällig viele Hunde mit wolligem Fell, die zufrieden und ruhig in der Sonne liegen, vermutlich haben sie gelernt, dass an diesen Stellen häufig Leckerchen aus den vorbei fahrenden Autos fliegen. Mich rührt das schon sehr, sie sehen alle schön aus. 

Zedernwald beginnt, wie mehrarmige Riesen recken sich die großen Bäume gen Himmel. Das Tal wird enger, kleinere Schneefelder überall. An den Sonnenseiten sieht man Nomaden, man erkennt die Lager sofort wegen der vielen bunten Plastikplanen, mit denen sie ihr Hab und Gut abdecken. Feuer brennt wohl in einem Zelt, Rauch steigt auf. An der Leitplanke hoch oben an der Straße steht ein winkendes Mädchen in einem blauen Pulli mit einem Hund. Ich schaffe den Anblick kaum, es rührt mich zu Tränen, dieses arme Kind. Lange wird mich das beschäftigen. Viele Kinder sind uns bisher begegnet, oft fordernde rotzfreche Jungs, sie taten mir leid, aber das war anders als dieses Nomaden-Mädchen jetzt hier in der Kälte im Schnee. 

Die Passhöhe erreichen wir ohne Probleme. Auf der breiten Anhöhe machen wir mit den Hunden eine kleine Pause, Schnee jetzt und gestern noch Wüste. Sagenhaft! Kleinere Ansiedlungen sieht man, überall flattert Wäsche, unzählige Schafherden, immer wieder breite Gräben mit steilen Abbrüchen im Lavagestein auf den weiten Weideflächen. Eselskarawanen sind schwer bepackt unterwegs, ein Mann pflügt seinen Acker mit zwei Eselchen. Was würden sie nur ohne ihre Esel machen, das fragt man sich wirklich. Es fällt auf, dass kaum jemand mehr einen typischen Mantel oder Turban trägt, eher dicke Anoraks und Hosen mit Stiefeln. Auch die Frauen sind eher wie Landfrauen mit Kopftuch statt verhüllt zu sehen, was ja auch viel praktischer ist. Es fällt auch auf, dass die sehr ärmlichen Behausungen plötzlich schräge Dächer haben. 

An der Straße ist plötzlich Getümmel, ein Parkplatz mit Bussen, Pferde mit farbenfrohen glitzernden Sätteln und Zaumzeug, viele Menschen, rauchende Grills, Tajinen werden vorbereitet, Teekessel glänzen in der Sonne, Trödel wird ausgebreitet. Was ist hier los? Im Rückspiegel sehe ich, dass seitlich auf einem schmalen Schneestreifen an einem kurzen steilen Hang Menschen turnen, irgendwas sich in einer Art Skilift bewegt. Nicht zu fassen. Staunend fahren wir weiter, plötzlich Schulbusse aufgereiht, ein dichtes Waldstück folgt, immer mehr Autos und Menschen, wieder bunt geschmückte Pferdchen, was war das. Was folgt ist ein lustiges Treiben auf Schlitten im sulzigen vermatschten Schnee auf einer winzigen Lichtung am Straßenrand. Und alle waren sowas von emsig und fröhlich unterwegs, und das ganze Equipment zum Rundumerlebnis auch schon aufgebaut, einschließlich menschengroßer Schneemänner und -frauen mit Klamotten. Nicht zu glauben! Die Kolonne Gegenverkehr auf unserer weiteren Strecke wird aber sicher den Kollaps für die Gegend bedeuten! Aber Hauptsache, sie haben Spaß! 

Wir fahren vor Azrou auf die N8 Richtung Ifrane. Die Bauweise der Häuser wird immer eigentümlicher. Es ist immer weniger Marokko, je näher wir Ifrane kommen. Dann beginnen gepflegte Parkanlagen, Formschnitte an Gehölzen, überall Wachposten, Teichanlagen, Flaggen, Cafes reihen sich aneinander, flanierende Menschenmassen, ungewohnte Mengen von parkenden und fahrenden Autos, rot gedeckte mehrstöckige Häuser, schon eher Chalets, sogar mit Gauben, eine Art marokkanisches Bad Neuenahr im Schwarzwald, unglaublich. Es geht vorbei an einem Palais royal, aha, daher weht der Wind. Dazwischen aber doch immer mal wieder das gewohnte authentische und lieb gewonnene Bild fuhrwerkender Menschen, Schafhirten und Eselstreiber. 

Auf der weiteren Strecke hat man den Eindruck, im belgisch-französischen desolateren Grenzgebiet unterwegs zu sein, was die Bebauung betrifft. Wirklich seltsam alles. Der Kopf ist reichlich mit Einordnen befasst, auch als dann riesige Apfelplantagen zu sehen sind und viele Stände am Straßenrand mit perfekt sortiert aufgebauten Äpfeln. Auch Granatäpfel und Gemüse werden angeboten. 

Nähe Fes wird das Tal grüner mit vielen Olivenplantagen. Vierspurige Straße beginnt, der Mittelstreifen ist mit unzähligen Palmen neu gepflanzt. Rechts und links "Schöner Wohnen". Der Aufbau gleicht einer deutschen Stadt, Randbereich die Neureichen mit ihren Villen, innerer Kreis gediegene, in die Jahre gekommene Häuser, und dann der Kern. Fes ist die älteste der 4 Königsstädte und gehört zum Weltkulturerbe. Die Medina, der wir uns nähern, dazu aber komplett vom Süden nach Norden durch Fes hindurch fahren müssen, soll eine der schönsten der Welt sein. Wir freuen uns sehr darauf. Einen Carrefour am Weg steuern wir an, mal das Nötigste besorgen, wozu auch Bier gehört, denn da gab es sogar Alkohol im Keller, und der war voller kaufwütiger Marokkaner. Noch durch paar Kreisverkehre, ein Stadttor, und wir stehn auf einem großen gepflasterten Platz, direkt an der Stadtmauer am Bab Boujeloud. Viele PKW parken, ein einziges Womo aus Kleve, paar Busse, und ein Trödel. Parkwächter zeigen uns mittendrin einen Platz, für zwei Nächte 150 Dirham. Es ist früher Nachmittag, wir ahnen noch nicht, was hier später los sein wird! Und der Platz füllt sich mehr und mehr, weiße Kutschen mit bunten glitzernden Girlanden sausen herum, Parkwächterpfeifen versuchen, für Ordnung zu trillern. Es steht zu befürchten, dass gerade heute die 1 Mio Einwohner der Medina alle Familienbesuch bekommen. Wir gehen etwas auf dem Platz herum, heute werden wir nichts weiter unternehmen, die heutigen Eindrücke müssen sich "setzen". Wim holt aber noch Brot in der Medina, kommt total begeistert zurück. Wir essen Gurkensalat und das gekaufte Grillhähnchen mit Brot und verfolgen die Geschehnisse auf dem riesigen Platz.