Polen ~ Rückreise ~ Masuren ~ Ostsee

19.09.2021 Sonntag

In den heutigen Tag starten wir unter dem Titel „Selbstjustiz“ oder „Die Rache des Concördchens“. Kaum zu glauben, hat doch jemand in der Nacht mit einem Stahlseil die Zufahrt zum PP verrammelt. Diese Einfahrt, gleichzeitig natürlich auch Ausfahrt, wird niemand nutzen können. Ein weiterer unbemannter PKW steht noch mit uns auf dem regennassen schmucklosen grauen ekeligen ungastlichen Parkplatz. Da nützt auch die beste Aussicht auf die Burganlage nichts. Ein klein wenig hatten wir gehofft, heute morgen wenigstens eine Blitzrunde mit dem Rad drumherum drehen zu können, aber das Wetter ist grausig bis gruselig. Bei Temperaturen im deutlich einstelligen Bereich hört der Spaß auf, und jede Motivation wird im Regenguss ertränkt. Es hängt zwar ein verwaschenes Schild „4 €“ irgendwo, allerdings war und ist ein einem Wärterhäuschen ähnliches Hüttchen verrammelt. Wo soll man dann zahlen? Egal. Wim fragt noch kurz im Lokal gegenüber, aber niemand kennt den Besitzer des Platzes. Wir begehen den Grünsteifen, taxieren Bordstein und Bürgersteig. Schräg anfahren, mit viel viel Gefühl über die erste Kante, über das Gras, halbseitig dann über den Bürgersteig in Fahrtrichtung und am abgesenkten Stück Bordstein am Überweg für Fußgänger langsam komplettes Fahrzeug auf die Straße bringen. Also auf geht‘s. Wir machen (uns) den Weg frei. Und verlassen Trakai in Richtung Masuren. Im Spiegel nehm ich noch die Farbtupfer einiger parkender Porsche wahr, dankbar für jede Farbe im Grau, aber weniger dankbar für das Getöse, das sie mitten in der Nacht veranstalteten. 

Irgendwo auf unserer heutigen Strecke von 260 km über Land überqueren wir die Memel und irgendwo vor dem polnischen Örtchen Sejny die Grenze zu Polen, mal ein mehrspuriger Grenzübergang, an dem uns zwei Polizisten anstandslos durchwinken. Die Straße ist durchgängig sehr gut, komplett anders in Schuss als gestern, was‘n Glück. So können wir die schöne Gegend genießen. Wirklich herrliche Wälder, durch die sich in Polen die Nr. 16 zieht, super gepflegt alles. Viele Neubauten fallen auf, irgendwie doch alles sehr viel anders als auf unserer zurückliegenden Route durch den Norden. Der Westen naht, das große „M“ wirbt auch schon. 

Unser Ziel Elk, das Tor zu Masuren, empfängt uns mit Vorstadt voller Wohnblocks, durchweg tadellos, bunt, aber eben Blocks. Viele Menschen laufen durch die Gegend, vielleicht ist irgendwo etwas los. Aber bei diesem Wetter vergeht einem alles, auch wenn der Regen sich gelegt hat. 

Das heutige Glück wird vollständig durch Erreichen eines SP, komplett eingezäunt. Tag der Zäune wohl. Na ja, ich will mal nicht so negativ sein, er kann ja auch nix dafür. Eigentlich sehr toll angelegt, viel zu „ordentlich“ für uns, bietet er etlichen Womos auf Rasengittersteinen mit Seeblick an Parkanlagen und Beetbepflanzungen saubere Standflächen für 20 € Komplettpaket mit V+E an Parzelle. Wir sind allein. Wims Suche in einem oberhalb stehenden Gebäude bringt einen jungen Mann zum Vorschein, der das schwere Rolltor öffnet und uns die Einfahrt ermöglicht. Ok für heute geht‘s. Man kann damit hadern, was wäre wenn, ändert aber nichts. Mit den Wohnsilos im Rücken werden wir halt nachts gemeinsame Sache machen, hoffentlich ruhig schlafen können … was noch bezweifelt werden muss, weil eine Gruppe Motorradfahrer heran rast und unmittelbar neben dem SP testet, wessen Motor am schrillsten aufröhren kann. Bei der Gelegenheit fallen mir die mindestens 20 kleinen Wegkreuze mit Kerzen an den Straßenrändern ein, die im Umkreis von 15 km zu sehen waren, also wirklich auffällig und erschreckend viele. Sie stehen dort und tragen die ganze Verzweiflung der Hinterbliebenen in sich. 

20.09.2021 Montag

Fünf Grad, ganze fünf Grad. Auch wenn das Grau leicht heller als gestern ist und kein Regen fällt, hält uns hier nichts. Schade, denn eine Runde hätten wir gerne gedreht. Wir öffnen also das Rolltor und verlassen diese sehr aufgeräumte Ecke, an die sich bombastische Einfamilienhäuser anschließen, bevor der Wohnsiloriegel in die Höhe sprießt. Was hier an Häusern steht, ein Wahnsinn, Außenanlagen, Zäune und Einfahrten mit Verzierungen auf Verzierungen, vom Allerfeinsten. Aber an Parkplätzen hapert es. Unmengen Autos stehen einfach in der Gegend herum auf unbefestigten Arealen. 

Auf der Nr. 16 nehmen wir Fahrt auf Richtung Norden für 300 km mit Ziel Malbork kurz vor Danzig. Auf gutem Sträßchen läuft‘s auch gut an zahllosen bunt geschmückten Wegekreuzen vorbei. Durch viele Örtchen fahren wir, was sehr schön und abwechslungsreich ist. In der hügeligen Landschaft, in der die Erdmassen oft wie zusammengeschoben und in weiche wallende Falten gelegt aussehen, liegen unzählige Seen, logisch, wir sind ja auch in Masuren. Sucht man hier einen SP, wird man aufpassen müssen, denn zum einen sind die Ufer der Seen oft unterhalb, was bedeutet, es kann sehr abschüssige Anfahrten geben, andererseits sehen manche SP, die man sich aus den überall zuhauf auftauchenden Hinweisschildern rauspicken könnte, nicht so ordentlich aus, um dort eine Zeit zu verbringen. Stark frequentierte Regionen lassen da auch seltsame Verhältnisse zu, da bedeutet „Agrartourismus“ schon mal auf schlammigem Boden hinterm Misthaufen und zwischen Scharen polnischer Hafermastgänse, die das nächste Frühjahr wohl nicht mehr erleben.

Ein Storchennest gehört meistens mit zum Haus, alle Adebare sind aber ausgeflogen. Stattdessen stehen gelegentlich kleine und größere Kolonien von Kranichen oder Reihern auf den riesigen frisch gepflügten Äckern, auf denen schwere Traktoren zugange sind, die wie Playmobil-Spielzeug wirken. Und ein Warnschild „Elche“ halten wir nun für ein wenig überzogen. 

Im Gegensatz zu den Temperaturen, die tatsächlich leicht steigen, werden die einige Male zu passierenden Unterführungen zunehmend niedriger. Da müssen die wahren Dickschiffe sehr aufpassen. Aber nicht nur deswegen lauern „Gefahren“. Engstellen gibt es sehr sehr viele, denn letztlich schaukelt sich das Concördchen gut 100 km über schmalste Alleen. Ist der Belag anfangs noch sehr passabel, überlegen wir trotzdem nach den ersten Kilometern durch diese grüne Hölle, evtl. umzukehren. Aber mit einem „schlimmer kann es ja nicht mehr werden“ knöpft Wim sich die nächsten 80 km vor. Und siehe da, es kann sehr wohl schlimmer werden. Der Asphalt wird derart miserabel, Wannen von Spurrillen sind eingefahren in die Asphaltdecke, und die dicken Stämme und Äste der alten Bäume stehen sehr stramm und nah. Wankelmut ist fehl am Platz, ein Schaukler und es kostet die Markise. Bei entgegen kommenden LKW, ja echt, die fahren hier wirklich, hat man kaum Wahlmöglichkeiten, meist bleibt nur ein „Augen zu und durch“. Fahrer und Beifahrer, vom Concördchen ganz zu schweigen, werden wieder mal auf sehr harte Proben gestellt. Da reihen sich schnell mal stille Phasen an sehr stille und für eine Lektion „Anti-Aggressionstraining“ könnte man sich auch anmelden. Alle Register werden gezogen, dennoch eine schöne Fahrt, eine schnelle Fahrt, steigen sie ein, steigen sie zu, hier wird was geboten. 

Und im Verlauf wird das Wetter besser, sogar blauer Himmel zeigt sich, und aus dem schmalen Sträßchen wird streckenweise sogar eine neu ausgebaute mehrspurige Straße mit Schallschutzwänden und allem, was dazu gehört. Teilstücke sind im Bau, umfassende Erdarbeiten im Gange, Massen werden bewegt, an Baumaterial und Baumaschinen. Eine Schande für die Natur, wenn man das so direkt sieht. Aber vermutlich wälzt sich in Saisonzeiten hier eine Blechlawine durch die Lande, dass dieses Sträßchen und die anliegenden Orte es einfach nicht mehr schaffen und oft dem Kollaps nahe sind.

Auch wenn wir jetzt Masuren in quasi einem Rutsch durchfahren, gewinnen wir doch einen schönen Eindruck. Ganz sicher wäre eine Tour bei Sommerwetter wundervoll, sich Treiben lassen von See zu See schön. Aber jetzt erwartet uns bei mittlerweile 16 Grad, Start war ja morgens bei 5 Grad, Malbork mit einem phantastischen Panorama in der Abendsonne, das ein wenig an unseren ersten Blick auf die Skyline von Riga und die Düna erinnert, was Licht und Stimmung anbelangt. Solch ein Strahlen der Gebäude am Flussufer ist doch immer wieder faszinierend, und hier kommt noch die Silhouette der imposanten riesigen Burganlage hinzu.

Hinter der Brücke über die Nogat hinweg geht‘s sofort rechts zum SP. Fast hätten wir das Schild auf einem Parkplatz übersehen, fahren aber rechtzeitig rein und über einen schmalen Weg an einem Weiher entlang dahin, wo schon einige Womos zu sehen sind. Ein kleiner Junge begrüßt uns, ruft seine Mutter herbei, die eine Anmeldung ausfüllt und pro Nacht 17 € kassiert. Wir suchen uns einen schönen Platz auf der großen Wiesenfläche, quasi im Schatten der Burg, und es kann Abend werden.

21.09.2021 Dienstag

Ja dann, wenn das so aussieht, also sonnig, dann wollen wir mal los zur Umrundung der im 13. Jahrhundert erbauten Ordensburg, der Marienburg. Sie steht ja nun schon lange hier, und wer weiß, ob es immer noch gut gehen wird, denn umkämpft war sie in den verschiedenen Zeiten der Weltgeschichte häufig, und von heftigsten Zerstörungen blieb sie nicht verschont. In der mittelalterlichen weitläufigen Burganlage hier an der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel, residierten schon polnische und schwedische Könige. Sie gehört zum Weltkulturerbe, gilt als der größte Backsteinbau Europas. Die Akkus der Räder sind voll, es müsste reichen für die Umrundung.

Über eine breite Holzbrücke erreichen wir das gegenüberliegende Ufer. Man spürt schon Ehrfurcht vor diesem mächtigen Bollwerk aus Festung, Wehrmauern, Kirchen und Palästen. Das leichte Kribbeln im Magen kann aber auch vom sachten Federn und Schwanken der Brückenkonstruktion kommen. 

Hier ging es richtig zur Sache innerhalb der Festungsmauern, auch sicher in den Gassen und auf den Plätzen der Anlage. Prunk und Pracht und Macht einerseits und geschäftiges Treiben und Handel der Bevölkerung andererseits, alles in Friedenszeiten sicher harmonisch. Aber wehe wenn …. nicht umsonst gibt es mehrere Ringe der Wehrmauern rund um die Festung.

Und auch die sagenumwobene Marienfigur, die der Burg den Namen gab, konnte Schreckliches nicht verhindern. Spuren der Verwüstungen lassen sich gut ausmachen. Vieles wurde restauriert oder man ist noch dabei, z. B. in der Kirche, wobei aber auch quasi als Mahnung an etlichen Stellen der zerstörte Zustand erhalten bleiben soll. 

Eine Runde drehen wir noch durch die umliegenden Straßen, was sich aber nicht lohnt. Ein junges Paar spricht uns auf unsere Anhänger an. Sie haben eine alte Hündin, der das Laufen schwerfällt. Sie machen Urlaub in Polen, der junge Mann ist Pole, und sie haben die Familie besucht. Der junge Mann erzählt, dass man in Polen keine Mietwohnungen kenne. Man würde die Wohnung kaufen. Und die vielen Neubauten von Einfamilienhäusern könnten sich die Leute nur leisten, weil einer im Ausland verdiene, alle anderen sparten und bauten und außerdem das Baumaterial sehr billig sei.

Gegen frühen Nachmittag sind wir schon wieder zurück am Womo. Ein holländischer Mitcamper hat sich eingefunden. Er sortiert plötzlich ganz geschäftig irgendetwas Neonfarbenes, orangene Hütchen, Nummern haben sie jeweils, rennt damit über die Wiese, stellt sie auf. Ohje, so ein holländischer Hütchenspieler. Erinnerungen an solch eine Begegnung in Marokko werden wach. Ich muss lachen. Wim graut es. Ja, der Mitcamper ist wohl Reiseleiter einer holländischen Gruppe, und diese Teilnehmer werden wohl in Kürze hier einfliegen. Bei Hütchen Nr. 18 haben wir mit Zählen aufgehört. Wim bläst zur Abreise. 100 km bis Danzig. Gesagt, getan. Schnell die eben gekauften leckeren Teilchen verzehrt und ab durch die Mitte.

Die Fahrt bis Danzig ist sehr wenig erfreulich. Irgendwie verliert Polen mit jedem Kilometer, wobei es eigentlich so gut mit uns begonnen hatte, damals, bei der Hinreise. Es überflutet jetzt aber irgendwie mit Unstimmigkeiten. Es gibt zu viel krasses Neues, zu viel miserabel Altes, dazwischen Autos, Autos und nochmal Autos, Plakate ohne Ende, gelbe Zäune ohne Ende, Müll verschandelt die Straßenränder, riesige Kreuze und Marienaltäre an jeder Ecke, wie zum Hohn. Polen ist auf dem Weg, zu verlieren. 

Danzig empfängt uns. Gleich geht es über Mündungsarme unterschiedlicher Breite mit grünem und grauem Wasser und Häuserzeilen, die von früherer Pracht und Reichtum zeugen. 

Für uns geht‘s erstmal zum SP ca. 6 km vom Zentrum entfernt. Um etliche Ecken herum mit sehr unplausibler, abenteuerlicher Verkehrsführung, auch über höher gelegte Busspuren direkt an Haltestellen mit Wartehäuschen vorbei, finden wir die Zufahrt zum SP. Ein kurzer Stich über einen total holprigen Waldweg, und wir sind am Ziel. Eine schöne Anlage im Wald nah am Strand ist das hier. Es ist alles sehr gepflegt, man macht wohl alles winterfest, sogar die Dächer der Ferienhäuschen werden mit Besen abgekehrt. Der komplette Bereich ist leicht terrassiert und mit Rasengittersteinen befestigt, wirkt aber keineswegs steril. Wir parken irgendwo ein, einige Womos stehen hier. Spät abends hören wir das Brummeln eines Iveco näher und näher kommen. Der Blick aus dem Fenster bestätigt es, drum herum gebaut ein Carver, um einiges größer als unser Concördchen. Die gegenseitige Begrüßung ist sehr freundlich und lustig. Unser neuer Nachbar erzählt, als er uns bei seiner Platzsuche entdeckte, wäre natürlich klar gewesen, dass er, der Markenverbundenheit entsprechend, neben uns einparken würde. So etwas - und Ähnliches - haben wir erst erlebt, seitdem wir unser Concördchen fahren. Zunächst war das sehr überraschend und gewöhnungsbedürftig, mittlerweile einfach nur herrlich. 

22.09.2021 Mittwoch

Schlechte Aussichten am Himmel für eine Radtour durch Danzig. Wir überlegen lange, können uns schwer entscheiden, sind aber auch leicht unmotiviert vor dem Hintergrund des über uns hängenden Tiefs. 6 km Anfahrt bis zur Altstadt, eigentlich kein Problem, aber wenn‘s plötzlich schüttet, nein danke. Die fehlende Motivation raubt die Zuversicht, und wir packen zusammen. Mal sehn, wie es so weiter westlich aussieht, z.B. 130 km weiter in Leba. Quer durch Danzig lotst uns Rüdiger, der seit Grenzübergang nach Polen den Auftrag hat, mautfrei zu navigieren. Ein paar schöne Blicke können wir noch erhaschen, viele weniger schöne sind auch dabei.

Wir durchfahren sehr viele kleinere Orte und Städtchen. Wahnsinnige Neubauten springen einen förmlich an mit variantenreichen Dachkonstruktionen und Zaunanlagen die bisher jenseits jeder Vorstellung lagen. Riesige Häuser aufgepimpt mit allem, was der Baumarkt so hergibt, und mehr, viel viel mehr. Gärten voller Spielgeräte, voller Holzdekorationen, Hütten und Hüttchen aller Arten und Größen. Und dann kaum asphaltierte Nebenstraßen, Autoabstellplätze in katastrophalen Zuständen, Müllberge hin und wieder, Müll ohnehin überall. Irgendwie alles ein wirres Durcheinander, so wirkt es auf uns. Erschreckend ist allerdings der Müll, dieses scheinbar gedankenlose Wegwerfen von Abfall, einfach so, wo man geht und steht. Der Unterschied zu den baltischen Ländern ist so gravierend, dass wir nicht darüber hinweggehen können. Ich will behaupten, dass wir in den 3 Ländern nicht eine einzige normale Plastiktüte hätten füllen können mit herumliegendem Müll, da lag einfach nichts, auch an den vielen Grillplätzen nicht, nichts. Hut ab vor dieser Bevölkerung, vor solch einer Einstellung zur Umwelt, zur Natur und zum eigenen Land. Hier müssen wir erstmal sortieren, es fällt schwer. 

Der ausgesuchte SP in Leba ist verlassen, menschenleer, alles verrammelt, obwohl bis Anfang Oktober geöffnet sein sollte. Wir kurven daher nochmal durch den Ort, in dem sich im Kern ein Lokal ans andere reiht, aufgelockert durch Souvenirläden. Authentizität? Null. Atmosphäre? Null. Alles ist auch hier in sehr unterschiedlichen Erhaltungszuständen. Gut, fast alle Vergnügungsstätten haben geschlossen, Tische und Bänke bilden große Stapel, von daher ohnehin alles ungastlich. 

Wir landen im Jachthafen auf einem schönen Platz am Restaurant. Hier können ca. 6 Womos stehen, um die Ecke herum etliche weitere. Wir sind aber allein. WiFi funktioniert. Ich kann schreiben und die Website vervollständigen. Und später gucken wir mit Vergnügen „The Taste“, eine unserer Lieblingssendungen.

22.09.2021 Donnerstag

Ach, es ist ein Leid mit dem Wetter, das Tief über dem Baltikum will sich einfach nicht verflüchtigen und kurbelt sich nur auf der Stelle mit unterschiedlicher Ausprägung. Nur ein Haufen Grobzeug lässt sich dadurch nicht bremsen: die Stechmücken. Auf der ganzen Reise haben wir das nicht erlebt. Man ist noch keine 5 Minuten draußen, und schon wird man von diesen Mistviechern gestochen. Damit nicht genug, weiß der Geier, wo sie lauern, irgendwie kommen sie ins Womo rein. Natürlich schleppen die Hunde auch welche mit hinein, obwohl wir sie schon komplett abreiben. Ich vermute, eine drückt das Insektengitter der Fenster etwas beiseite, damit 100 reinfliegen können. Schrecklich. Auch das ist ein Grund für unseren Aufbruch heute morgen. Ursprünglich war auf dem Weg nach Westen noch ein Stopp an der Ostsee in Kolberg geplant, fällt aber flach, Stettin ist direkt dran, 330 km, mautfrei. Also los.

Die Route fährt sich gut, wie gewohnt mal erstklassig, mal marode, mal hypermodern, mal Alleen. Alles in allem aber recht unproblematisch. Sehr deutlich wird, wo EU-Gelder verbraten wurden und die Strabag am Werk war und wo eben noch Gelder fehlen. Immer mal wieder tauchen Abbilder des polnischen Papstes auf, zahllose Kirchen und Kreuze. Die Nächstenliebe müsste daher wirklich ein Herzensanliegen sein, was wir aber leider aufgrund der gewagten Überholmanöver und den unverfrorenen Aktionen unserer polnischen Mitverkehrsteilnehmer energisch in Abrede stellen müssen. Beeinträchtigt es uns auch nicht wirklich, so soll es doch mal angemerkt werden. Wim seinerseits ist wenig schreckhaft und auch forsch unterwegs, was sich oft auszahlt. Zögern ist häufig kontraproduktiv. Und man weiß ja, der Klügere gibt so lange nach, bis er der Dumme ist … und, übertragen auf den Verkehr, an Einmündungen Wurzeln schlägt. 

Nach Durchfahren vieler Orte kommen wir der Sache näher. Stettin naht, und der 8 km davor liegenden CP ist erreicht. Auf der Fernstraße seh ich gerade noch so im Augenwinkel ein zugewuchertes Hinweissschild auf den CP. So schaffen wir die Rechtsabbiegung im letzten Moment und stehn vor der Rezeption. Freie Platzwahl haben Womos im unparzellierten Wiesenstück am Haff. Erstaunlicherweise stehen recht viele hier. Einen kurzen Blick werfe ich auf‘s Haff, dann ist Abend, die Mücken kommen. Schöne Sch… und Hoffen auf morgen.