Rothenburg ob der Tauber

16.07.2020 Donnerstag

Grau startet der Tag mit uns. Na ja, von Start kann man nicht reden, eher von Ganz-langsam-angehen-Lassen. Aber wir versäumen heute nichts, es regnet. Der Däne bringt uns mit ganz viel „mange tusend Tak“ das geliehene Kabel zurück. Er war heilfroh, dass er so sein Womo wieder mit Strom füllen konnte, denn hier gibt es nur eine normale Steckdose, sein Leih-Womo verfügt aber nur über einen Camping-Stecker oder wie die Dinger heißen. Egal, er war jedenfalls aufgeschmissen. Gegen Mittag fahren wir ab.

Verlauf der Route wird nach Planung Richtung Rothenburg ob der Tauber führen. Ab Morgen soll es wettermäßig wieder schön werden, und dieses Kleinod, das wir noch nie besucht haben, wollen wir uns jetzt doch mal antun. Außerdem liegt es an der Strecke nach Geiselwind, wo wir Samstag zu Concorde wollen. Über Heilbronn führt die AB uns durch strömenden Regen. Kein Licht in Sicht, Farbe muss man suchen. Den Wiesenplatz, den wir in Rothenburg ansteuern wollen, vergessen wir mal schnell und nehmen lieber den asphaltierten SP. Etliche Womos stehen schon hier, für 12 € pro Nacht erwirbt man einen Parkschein. Heute wird sich nichts mehr tun, vor dem vor unserer Frontscheibe stehenden Turm hängt unsere dicht gewebte Regentropfengardine, Tagebuch was erzähl ich Dir heute? Ich werde mal Kaffee kochen, Plätzchen dazu, es muss rumgelümmelt werden. 

Aber denkste, wir stehen gerade mal 5 Minuten, kommt eine Frau des Weges, betrachtet sichtlich intensiv unser Womo, geht nach hinten, kommt wieder vorbei, geht zurück zu ihrem Womo, auch ein Concorde. Während Wim nun darüber nachdenkt, ob sich Concorde-Reisende untereinander besuchen, kommt die Frau in Begleitung eines Mannes wieder in unsere Richtung. Also auch der Mann ist uns nicht bekannt. Aber von Sekunde an ändert sich dies: das sind die Vorbesitzer unseres Concördchens. Ja du lieber Himmel, so etwas kann doch kein Zufall sein ! Also zum einen wollten wir eigentlich erst nächste Woche hierher und zum anderen eher auf den Wiesenplatz am anderen Ortsende. Und jetzt sowas! Die Frau hatte uns auch zufällig beim Einfahren auf den SP gesehen, obwohl sie sehr in ihr Buch vertieft war. Und sie war sich relativ sicher, „ihren Dicken“ zu erkennen und sauste sofort los, um für Klarheit zu sorgen. Nun standen wir 4 vor der Tür, Fassungslosigkeit vom Feinsten. Klar gibt es einiges zu erzählen. Aber Regen und Kälte lassen nur ein kurzes Gespräch zu, das ständig von Lachen und „das glaub ich jetzt alles nicht“ unterbrochen wird. So schön ... und morgen wird die Sonne scheinen, dann plaudern wir weiter. Aber bevor Herr Vorbesitzer wieder entschwindet, richtet er an der Aufbautür unseres Concördchens noch gemeinsam mit seiner „Assistentin“ einen nicht perfekt sitzenden Haltegummi am Schloss „seines Dicken“. Alles „unfucking fassbar“. 

17.07.2020 Freitag

Nachdem es am gestrigen Nachmittag und Abend zuging wie in einem Taubenschlag und andauernd Womos suchend einliefen und es voll und voller wurde, war die Nacht schön ruhig. Irgendwo hat doch jeder sein Plätzchen gefunden. Etliche sind auch schon wieder abgefahren heute in der Früh. 

Der Himmel ist bewölkt, aber deutlich heller als gestern. Regen sollte sich heute nicht über uns ergießen. Gemütlich machen wir uns für eine Ortsbesichtigung fertig, Räder raus, Anhänger raus. Die Hunde steigen wieder mal problemlos ein, obwohl ihre letzte Fahrt schon etwas zurück liegt. Es ist alles sehr entspannend. 

Direkt an den SP schließt sich nur über eine Kreuzung hinweg eine alte Stadtmauer an. Wir verschwinden durch ein schönes Tor mit Blick auf überdachte Freigänge und Brücken und stehen sofort im Bilderbuch von Anno Dazumal. Wirklich putzig, beeindruckend alles erhalten, gepflegt und mit blitzeblank strahlenden Türschildern überall. Kopfsteinpflaster und bunte Fachwerkfassaden lassen mich darüber nachdenken, wie die Damen hier wohl mit langen wallenden Gewändern umher geschritten sind. 

Ehe ich und mein gedanklicher Reifrock sich in den Speichen meines Klapprades verfangen, erreichen wir den Marktplatz. Überall schlendern und sitzen Besucher herum. Es herrscht kein bisschen Enge, aber mir reicht es schon. Wie mag das hier sein ... in Corona losen Zeiten. Nicht auszumalen! Jedenfalls für uns das Grauen. Gut, wir hätten nicht an diesem sehenswerten Örtchen vorbei fahren wollen, man muss - oder besser sollte - es doch mal gesehen haben. Irgendwie denkt man sonst doch immer, ach, Rothenburg, ach ja, das sollten wir doch auch mal anlaufen. Nun schlürfen wir in der Sonne ein Weinchen und ein Bierchen, eine Hochzeitsgesellschaft erwartet das frischvermählte Paar, vom Glockenturm erklingt Geläut, Figurenspiel hinter sich öffnenden Fensterchen. Märchenhaft alles. 

Wir drehen eine Runde durch die Gassen, landen in einem sehr schön angelegten Park mit tollem Blick ins Tal der Tauber und auf die Höhenzüge rundum. Über dem dichten Wald liegen erhaben die prächtigen Fachwerkhäuser Rothenburgs. 

Auf einer Bank verzehren wir die gerade eingekauften Schneebälle, ein Gebäck, das überall in den Bäckereien aufgetürmt liegt, handgroße gebackene Kugeln aus Teigstreifen mit und ohne Puderzucker. Offenbar die Spezialität hier. Aber leider finden wir sie weniger gut, sie schmecken uns nicht, fester mehliger Teig ohne Geschmack, zerbröselt beim Reinbeißen, und wir fragen uns, was das nun sein sollte, was wohl Touristen aus anderen Ländern beim Verkosten solch eines fast schon harten Mehlklumpens denken. Uns fallen die gebackenen Kringel in Marokko ein, unsagbar, welch ein Unterschied! 

So, das war Rothenburg ob der Tauber, sein Reiz hat sich uns nicht erschlossen. Dennoch geht‘s vergnügt zurück zum Womo. Hohe Steigungen werden bewältigt, für unsere kleinen schwarzen Dinger selbst mit den Brummern in den Anhängern überhaupt kein Problem. Schon toll, wenn‘s Material nicht schwächelt. 

Ein griechisches Lokal direkt am SP soll ganz gut sein. Dort reservieren wir für 18 Uhr einen Tisch. Schön sonnig ist es, und wir beobachten das suchende Gerenne der Womos nach einer passenden Lücke. Heute geschieht weiter nichts Bemerkenswertes, außer noch, dass die griechische Küche Leckeres sehr sehr freundlich serviert, mit Zugabe von einem Ouzo vorneweg und einem Ouzo hinterher. Und das ist ja wohl eine Erwähnung wert.