Lac de Madine

Freitag 09.08.2019

Der erste Blick nach draußen lässt noch nicht sicher sagen, ob das Frühstück im Freien stattfinden kann. Während wir so über unseren heutigen Aufbruch zu neuen Ufern - im wahrsten Sinn des Wortes - nachdenken, lichtet es sich, und die Sonne heizt ein, wenn auch hinter dichten Wolkenfeldern. Es kann also draußen gedeckt werden. Obligatorisches Frühstück in Frankreich ist für mich, aus vielen Osterferien in Port Grimaud herüber gerettet, Baguette mit Erdbeermarmelade und Quark. Einfach köstlich, dieses süße Geknuspere im samtig-cremigen Quarkmäntelchen, immer wieder eine erste Freude des Tages. Wim hingegen mag es herzhafter, da muss auch schon mal eine fette Terrine dran glauben. Fotos morgen, Hauspersonal hat schon abgeräumt. 

Wim macht sich auf den Gassi-Runden-Weg mit Bazou und Chianga, ich bereite unsere Abfahrt vor, bis er mir von weitem zuruft, dass Fischer im Kanal am Chateau zugange sind und sich mit Netzen zu schaffen machen. Also los und ab mit der Kamera. Wie auf den alten Bildern, die man auf den Hinweisschildern sehen kann, stehen Männer in Gummiklamotten im grünen undurchsichtigen Wasser des Kanals. Sie haben das Netz bis zum Ende gezogen und sind gerade dabei, es immer enger zu ziehen und mit einem Kescher den Fang in große weiße Plastikbehälter umzubetten. Ist das Wasser auch trüb, so hatten sie aber offensichtlich Glück beim Im-Trüben-Fischen, denn viel Silbriges wurschtelt umeinander, und ein richtig dicker Fang wird mir stolz vor die Linse gehalten. 

Nun ist aber Zeit zur Abreise. Ziel für heute ist der Lac de Madine, ganze 18 km entfernt. Und so geht‘s wieder ab über den Huckel, durch’s rote Tor, über Straßen, die an Wege für Land- und Forstwirtschaft erinnern, vorbei an Ackerbau und Viehzucht, durch ein paar kleine Dörfchen, im Ortskern sehr nach Sanierung schreiend, aber mit stellenweise üppiger Sommerblumenpracht. Flair, eben mit Flair, wenn man so will. 

Am Lac de Madine gibt es ein paar SP-Möglichkeiten. Wir wählen die, die am ursprünglichsten wirkt. Hinter einer Schranke, an der man sich an einer Säule per Gegensprechanlage anmeldet, führt ein schmales Sträßchen an den Rand einer weitläufigen Wiese am Seeufer vor einem Wäldchen. Dort gibt es einige Parzellen mit „Comfort“, also Strom und Wasser, für 12 €. Auf der Wiese darf man auch stehen, ohne alles, und das für nur 5 €. Wir nehmen eine mit Fließwasser, es ist schließlich Sommer, und richten uns ein, Räder und Hänger schon mal parat machen für morgen. 

Hier am See tobt der Bär, also wird er toben, jetzt am Freitag Mittag ist alles noch wenig belebt. Im Gegensatz zum Idyll am gerade verlassenen Lac Lachaussee liegen hier nämlich Paddelboote, Tretboote, Bretter, Wasserhüpfburgen und Segelboote vor Anker und locken schaukelnd in bunten Farben. Alles sichtbar nur in dem kleinen Stück, das wir gerade angelaufen haben. Da wird sich noch rund um den See mehr tun. Aber etwas Leben um uns tut jetzt gut, aber mehr noch das Bad im See, mein lieber Himmel, ich glaube, es zischt, als ich endlich notwassern kann. Eine Wohltat, hoffentlich zieht hier so schnell keiner den Stöpsel. 

Da wir auf der Anreise leider keinen Laden fanden, radelt Wim los, es fehlt einiges, und was ließe sich aus Zwiebeln und Mettwurst schon zaubern. Er kommt mit 4 Tomaten zurück. Gut, dicke. Kilo für 5 €. Horrende Dorfpreise. Der Tomatensalat, den wir uns abends zu Kartoffeln an Mettwurst servieren, wird kniend verzehrt. Ein kleiner Gang zum See, und für heute fällt der Vorhang. 

Samstag 10.08.2019

Wettermäßig lässt der Morgen nichts zu wünschen übrig. Die Räder warten. Die Hunde besteigen ihre Anhänger problemlos, na ja, Bazou muss drei Mal gebeten werden, ehe er sich lustlos hinein begibt. Gut, zu unserer Entschuldigung muss gesagt werden, dass Nachbars Hündin läufig ist, Bazou daher ungern jetzt das Feld räumt. Und los geht‘s. Am Seeufer entlang bis zu einem weiteren SP und CP mit kleiner Bar führt zunächst ein asphaltierter Weg. Es ist sehr windig, überall stehen Surfer und Kiter in den Startlöchern, der See ist voll von schäumenden Kämmen auf den Wellen und schimmert grün. 

Da wir etwas einkaufen müssen, wollen wir bis zum 8 km entfernten Ort radeln, da dort lt. Google maps der einzige Supermarkt rund um diesen großen See ist. Auch ein Radweg dorthin wird abseits der schmalen Straße angezeigt. Also rein ins Vergnügen. Ich möchte bitten, dass irgendjemand diesen Herrn Maps auf ein normales Rad setzt und ihn zwingt, seinen ausgewiesenen Radweg abzufahren, abzuholpern, abzureiten, abzugehen, abzuschieben. Unfassbar. Zunächst scheint es ein normaler Feldweg zu sein, dann eine Art gemähte Lichtung, und schlußendlich ein im hohen Gras stehender Rand eines Stoppelfeldes, an dessen Ende ein tiefer Graben zur Asphaltstraße überquert werden muss. Glauben können wir nicht wirklich, dass das hier ein ausgewiesener Radweg sein soll, vor welchen Urzeiten wohl, die Hoffnung auf Besserung lässt dann unterwegs auch für ein Umkehren keinen Raum. Gut, wir sind dadurch, wir haben es geschafft, die Hunde hatten ihren Spaß, ich bin sowas von platt, ich Sportskanone. Und platt ist auch etwas anderes, was sich auf dem kommenden Straßenstück zeigt, nämlich ein Reifen an Bazous Hänger. Ein riesiger harter Dorn steckt drin. Also Umkehr, noch bevor wir auch nur in die Nähe eines Lebensmittelladens gekommen wären. Oh, wie ich solche Aktionen liebe. 

Erschöpft lassen wir uns erstmal in der Bar am CP fallen und stärken uns mit einem Bier. Der anschließend verzehrte Hamburger liegt so schwer im Magen, als hätten wir einen Ochsen mit Hörnern verspeist. Aber die Sonne lacht, die Hunde schlummern in ihren Hängern und wir schauen den vielen Menschen um uns herum zu, die mit allem Fahrbaren am See unterwegs sind oder große Grills feuern und brutzeln und auftischen. Lange Tischreihen stehen reich gedeckt im Schatten großer Bäume, die Menschen freuen sich miteinander. Schöne, friedliche Bilder, hier in der Maasregion, wo viele Spuren der schrecklichen Kriegszeiten zu finden sind, wo Vieles an die Zerstörung und die unzähligen Toten des Ersten Weltkriegs erinnert. Als Kind besuchte ich einmal die Gedenkstätte in Verdun, bis heute habe ich diese entsetzlichen Kriegsgräber mit den weißen Kreuzen vor Augen, eine unfassbare Anzahl. Umso mehr schätzen wir, dass hier und heute Menschen unterschiedlicher Herkunft das Beisammensein genießen. 

Wir radeln zum Womo zurück, unterwegs einmal kurz Wassertreten für die Hunde, und machen uns fahrfertig, und fahren gemütlich zum Supermarkt, um endlich die Besorgungen zu erledigen. Im kleinen Dorf Nonsard fallen uns das schöne alte Waschhaus auf und das Denkmal für die Gefallenen im Ersten Weltkrieg. Nach dem Einkauf bleibt noch Zeit zum Entsorgen außerhalb vom SP, was 3 € kostet, also eigentlich recht teuer ist. Abends müssen ein paar Häppchen, Baguette, Oliven, und eine Flasche Wein dran glauben, pro Nase wohlgemerkt. 

Sonntag 11.08.2019

Die gestrige „ganze Flasche“ am lauen Sommerabend am See fordert heute morgen einen Start als Langschläfer in den Tag. Spät kommen wir in die Gänge, früh brechen wir auch wieder ein. Heute passiert nichts, außer dass Regen fällt, und wir uns um die weitere Reiseplanung kümmern. Hin und wieder streckt mal einer den Kopf vor die Tür, das reicht auch, eben so ein echter Couch-Sonntag. Für die Region ist die Wetterprognose schlecht, besser dann Richtung Süden. Wir werden die drei weiter geplanten See-Stationen hier im Bereich erstmal fallen lassen und morgen Richtung Bourg-en-Bresse fahren, dort wo es sogar Gedenkfeste zu Ehren der blaubeinigen Bresse-Hühner gibt. Aber es wird sich zeigen, wo wir letztlich landen.