Fünfseenland Bayern

27.07.2020 Montag 

Wo soll man heute anfangen? Welch ein Tag! Mittlerweile ist es Abend. Wir stehen etwas eng, aber froh, einen Platz bekommen zu haben, in Herrsching direkt am Ammersee. Aber erstmal der Reihe nach. 

Zügig sind wir heute morgen startklar und verlassen Markt Wald. Nähe Bad Wörrishofen ragen die Einrichtungen eines Vergnügungsparks in die Höhe und am Horizont tauchen hohe Bergrücken auf. Die Alpenwelt tut sich auf, wir kurven durchs Voralpenland. 

Es sind nur gute 60 km bis nach Grafrath. Flott geht’s ein Stück über die AB, dann schleichen wir suchend durch ein Einfamilienhausgebiet und finden am Ende einer Sackgasse das Objekt unserer Begierde: 

Bob‘s Garage, 

und darin wohl die Halter der Halter schlechthin: 

ein ausgeklügeltes Befestigungssystem zur Sicherung von Fahrrädern in Heckgaragen und sonstigen Behältnissen. 

Beim Stöbern im Internet sind wir darauf aufmerksam geworden. Der daraufhin aufgenommene Kontakt zu Katja, der Firmengründerin, war sehr freundlich und kompetent, man hätte uns auch alles Nötige zugesandt, aber die Einladung stand, einfach vorbei zu kommen. Und so werden wir sehr freundlich empfangen. 

Vor einigen Jahren erdachte sich ihr Vater, selbst Wohnmobilist und wirklich handwerklich geschickter Tüftler, eine Vorrichtung zur Halterung seines Rades in der Heckgarage. Diese wurde über die Jahre von Katja, seiner Tochter, und deren Mann, verfeinert, total ausgearbeitet und lässt heute, nachdem das Familienunternehmen mit ihrem Produkt vier Jahre am Markt ist, keine Wünsche offen. Es ist so simpel wie begeisternd. Es erleichtert das Sichern der Räder mit wenigen Handgriffen, und es lässt sich immer wieder ausbauen und z. B. in einem anderen WoMo neu platzieren. Und vor allem, man muss keine Teile in den Boden bohren, man kann es flexibel einrichten, und die Räder schnell absolut verrutschsicher festsetzen und ebenso schnell wieder lösen. Genial einfach, einfach genial. 

Da hat die Familie wirklich etwas Tolles auf die Beine gestellt. Und sie entwickelt weiter, an Systemen für Anhänger jeder Art wird getüftelt, Saugnapfhalterungen so stark, dass damit unser Concördchen bewegt werden kann, werden uns vorgeführt, alles dreht und wendet sich um eine Kugel, die Kernstück und Herzstück der ganzen Idee ist. Alle Teile sind toll und sauber gearbeitet, unter drei Designs kann man wählen. Wir haben das besonders eloxierte Modell in Schwarz gewählt. 

Weitere technische Ausführungen könnten wir nur laienhaft geben, daher lassen wir die Fotos sprechen, die das ein oder andere Detail besser darstellen. 

 

 

 

die Kugel

Dreh- und Angelpunkt
das Herzstück

 

 

 

und was sonst

noch so gebraucht wird 

 

 

 

eine Frage des Geschmacks

puristisch
black magic 
elegant 

 

 

 

Katja entwickelt

 

 

 

und passt an 

 

 

 

am Boden gelegt 

 

 

 

an der Decke geschraubt

 

 

 

R + R = Robert und Rampe

passt nicht - gibt's nicht 

 

 

 

und Wim probiert

 

 

 

kein Rutschen

kein Wackeln
einfach fest

 

 

 

genial einfach

einfach genial
und für uns perfekt

Geben können wir die absolute Empfehlung für dieses Befestigungssystem und die Zusicherung, dass man auch bei Bestellung der einzelnen Komponenten im Onlineshop effektive Hilfestellung zum Selbsteinbau bekommt.

Wir allerdings kommen jetzt in den Genuss, dass Katja und Robert den kompletten Einbau in unserer Garage ausführen, so lange erfinderisch tüfteln wegen ein paar Bauart bedingter Besonderheiten in unserem Concördchen, bis alles 100prozentig passt. 

Nun freuen wir uns sehr über unsere perfekte Halterung für unsere perfekten Räder und damit auf ein perfektes Handling. 

Ein weiteres „Extrawürstchen“ unserer Tour ist gegessen. 

Danke Katja und Robert und Familie, so schön, wenn sich jemand kreativ mit Leidenschaft kümmert! 

Und Euren Hühnern wünschen wir schnelle Erholung vom Greifvogelschock.

Die dreifache Mama und Hühnerhalterin Katja hat nämlich seit gestern ein vom Greif fast gefleddertes, verletztes Hühnchen zu pflegen ... als hätte man sonst nix um die Ohren.

Ihr schafft das! 

Und wir schaffen die Anreise zum SP am Ammersee in paar Kilometern über den Lech hinweg mit wunderschönen Aussichten. 

Angekommen vor einem Schild „Dieser Platz ist voll“ stehn wir da und glotzen, vermutlich so hilflos, dass eine Frau auf uns zukommt und bedauernd erklärt, es sei wirklich nichts mehr frei, wir sollen morgen früh versuchen. Tja, und wohin jetzt. Irgendwie ist uns das Glück hold. Sie öffnet plötzlich doch das Tor und bittet uns, reinzufahren und zu warten. Sie ruft ihren Mann an, der gerade zum Essen nach Haus gefahren sei. Nach seinem Eintreffen peilt er die Lage und weist uns freundlich ein auf eine Lücke in zweiter Reihe. Ist uns sehr recht. Erwähnen muss man, dass über die Betreiber dieses SP derart schlechte Bewertungen zu lesen waren, so schlimm, dass ich die Frau, die uns derart liebenswert hinein gelassen und auch schon mit Fahrradkarten versorgt hat, darauf ansprach. Und siehe da, bis vor einem Jahr hatten sie, die Eigentümer, ein Ehepaar dort angestellt. Und dieses Paar war wohl unter aller Kanone, extrem unfreundlich, ja sogar zänkisch. Nun machen sie es wieder selbst. Auch insoweit für diesen Platz eine absolute Empfehlung. Eine gut befahrene Straße ist zwar in direkter Hörweite, aber man ist ja ohnehin viel unterwegs oder am See, der einen eigenen Zugang vom SP aus hat.

Und das werden wir morgen mal badenderweise testen. Heute geht‘s nur noch mal im (gefetteten) Omnia rund: mit Frischkäse und Salami gefüllte Champignons und Cheddar überbacken auf grünem Salatbett mit Tomate und gegrilltem Fisch aus der Dose. Ein Stück Brot gibt‘s dazu, einen Heißluftballon und, kaum zu glauben, ein kostenloses WLan. Yippieh. 

28.07.2020 Dienstag

Heiß, heiß, heiß ... hier am Bauernsee, wie der Ammersee liebevoll, oder auch nicht, genannt wird, im Gegensatz zum Starnberger See, den man Fürstensee nennt. Trotzdem werden wir hier am Gletscherschmelzwassertümpel, dem drittgrößten See Bayerns, verweilen und nicht umziehen in noblere Gegenden. Denn heiß ist es auch da. Wim besorgt Brötchen, was wir auch schon länger nicht hatten. Der Bäcker belehrt ihn, dass das Semmeln seien. Jedenfalls starten wir genüsslich mit Semmelbrötchen in einen neuen Hochsommertag. Die Energie wird allerdings angesichts der Schwüle schnell aufgesaugt, tropft quasi von der Stirn und verdampft. Der Platzbetreiber bietet uns ungefragt statt zweiter Reihe erste Reihe an der Ecke an, es würden heute etliche abfahren. Ja, den nehmen wir aber sehr gerne, dort dürfte es etwas frischer sein als zwischen all den anderen Womos. Also Umzug, schnell erledigt. 

Weiter machen wir heute aber nichts. Die Radtour zum Kloster Andechs wird verschoben. Die Nachrichten im Netz über überall steigende Zahlen der Neuinfektionen schrecken uns ab. Ein Besuch eines womöglich überlaufenen Highlights kann warten. So wird eben nur im See gebadet, Abkühlung gesucht. Mit dem Genuss einer Nussschnecke, die Weihnachtsmarktduft nach gebrannten Mandeln verströmt, verbringen wir eine Zeit, ebenso mit einigen lustigen Gesprächen mit Mitcampern. So eine Ecke ist dafür ja immer sehr geeignet. 

Wolken ziehen auf, vom See her weht Wind. Bald lässt sich farblich kein Unterschied mehr feststellen zwischen See und Himmel, milchig grau. Und es fallen Tropfen. Aber kaum der Rede wert. Gegen Abend lichtet es sich, leicht frischer sind die Temperaturen schon geworden. Wim macht unseren kleinen Holzkohlegrill parat, heute wird gefeuert. Es muss mal wieder Fleisch zwischen die Zähne. 

29.07.2020 Mittwoch

Luftiger empfängt uns der neue Tag, die Schwüle ist etwas verflogen, aber etliche Mückenstiche sind dazu gekommen. Das muss man wohl hinnehmen und ertragen, wenn man sich im Sommer um Seen herumtreibt. Wim besorgt beim Brötchenholen noch Fenistil in der Apotheke, an den Knöcheln und Ellbogen juckt es wie verrückt, da haben die Viecher sich ordentlich vergnügt. 

Fahrradinformationen, Ridgebackaufklärung, Concordeerläuterungen, einige Gespräche werden unter der Markise geführt, da ist doch großes Interesse bei den Mitcampern. Aber vor allem sehe ich, dass es auch hier wiedermal unter den Menschen ein echtes Bedürfnis ist, miteinander, wenn auch mit Abstand, in Kontakt zu kommen. Bisher hatten wir auf vielen Reisen gerade die SP oft als recht anonym kennengelernt, in krassesten Fällen war die Erwiderung eines Grußes schon nicht möglich. Ja, führt diese Pandemie zu mehr Bemühen umeinander und zu einem Wandel der Gesinnung, dass wir uns nämlich untereinander doch alle irgendwie brauchen, hätte viel Leid, das mit der schlimmen Situation verbunden ist, doch noch irgendwo einen Sinn. 

Wir radeln heute, aber auch jetzt entscheiden wir uns gegen Kloster Andechs. Das muss warten, stattdessen bleiben wir am See. Zunächst führt der Radweg unschön an der viel befahrenen Straße an prächtigen, versteckt im Wald liegenden Villen entlang. Riesige Einfahrtstore und zum Teil hohe Einfriedungen lassen kaum einen Blick erhaschen. Irgendwo folgen wir einer Beschilderung „Seebad“ und kommen auf einen Schotterweg, der gut zu fahren ist und eine Zeitlang toll am See entlang führt. Auf kleineren Grasflächen am Seeufer haben sich einige Badegäste eingerichtet, locker vergnügt geht es zu, viel Platz ist überall, im großen ganz flach reinlaufenden See sowieso. 

Ein breiter Schilfgürtel muss umfahren werden, die Radwegbeschilderung lässt etwas zu wünschen übrig. Auf einem kleinen Parkplatz quetschen sich urplötzlich viele PKW, Spaziergänger sehr unterschiedlicher Art, eindeutig keine Wanderer, laufen schnurstracks einen Feldweg entlang, ohne erkennbares Ziel, Radfahrer wuseln dazwischen. Manche Leute passen irgendwie nicht ins Bild, tragen enge Etuikleider, hohe Sommerschuhe, andere wirken in indisch anmutenden wehenden Kleidungsstücken leicht esoterisch, Männer in hellblauen Oberhemden mit aufgekrempelten Ärmeln, locker über der Burberry-Shorts, als hätten sie gerade ihre im Hafen von San Ammer vor Anker liegende Yacht verlassen. Einige schlurfen in Bio-Latschen herum, schwarz gekleidet, das sehr graue schüttere Haar in einem Pferdeschwanz gebändigt, die Begleiterin in naturfarbenem Sackleinen, scheint nebenher zu predigen und liest immer wieder Passagen aus einem Buchtext reich gestikulierend vor. Komisch, so hier im Nichts. Wir dazwischen, zwei die von sich denken, sie seien normal und schleppen Hundekisten an draufgängerischen Klapprädern mit überdimensionierten Reifen über holprige Grasbüschelwege. Plötzlich staut sich alles, rot-weißes Flatterband signalisiert: hier ist Ende. Es wird immer seltsamer. Am Flatterband ist eine Kamera aufgebockt, der Kameramann schwenkt das schwere Ding von rechts nach links, auf dem angrenzenden Feld aus dunkelgoldenen Ähren gucken überall Leute heraus, manche schauen sich suchend um, andere blicken völlig verträumt. Was die wohl genommen haben? Uns bietet jedenfalls keiner was an, ein älterer Herr, Typ verwitweter Traumschiffpassagier mit Sonnenhut, erklärt uns nur recht barsch, dass hier erstmal Ende des Radwegs sei. Na prima, wären wir so ohne weiteres nicht drauf gekommen. 

Wir drehen ab, radeln zurück, vorbei an all diesen Gestalten. Irgendwie finden wir einen weiteren Weg quer durch Wiesen und Felder durch einen sehr schönen Landstrich, Kolonien von Störchen staksen herum, die Bauern sind emsig unterwegs hier im Reich der Braunkehlchen. Vielleicht war die Versammlung von eben eine therapeutische Wanderung im Zuge der Selbstfindung oder eine Zählung der brütenden Braunkehlchenpaare des örtlichen Umweltverbandes. Keinen Schimmer, es bleibt ein Rätsel. 

Nach vielen Kilometern erreichen wir die Seepromenade in Dießen. Kloster Andechs erhaben auf dem Hügel, rundum postkartentaugliche Bilder. 

Wim und Chianga nehmen fast beide ein unfreiwilliges Bad. Beim Trinken am Ufer rutscht Chianga ab, sackt ins Wasser und Wim fast hinterher. Das hätte noch gefehlt.

Die Atmosphäre an Seen dieser Art lässt mich immer an Klassenausflüge denken oder Familiensonntage mit Sack und Pack, irgendwie aber immer leicht verstaubt, ein wenig Bad Neuenahr und so vergessen manchmal wie das Schreiben von Postkarten. 

Aber schön ist es dennoch, durchzuatmen auf einer Bank am See, Graugänse schnatternd auf Beutezug, auslaufende Segelboote, Seevögel reichlich unterwegs, Schwanensee, nicht ganz, nur Schwan am See. 

Der Plan, die Fähre zurück bis Herrsching zu nehmen, scheitert, Wartezeit wäre 2 Stunden, was uns zu lang ist. Schade um die bestimmt schöne Seetour. Aber so werden die Muskeln nochmal auf dem ordentlichen Rückweg gestählt. An einer passenden Stelle machen wir einen Badestopp. Der See ist so glasglar. Fischschwärme lösen sich in Bruchteilen von Sekunden auf, als die Hunde ins Wasser sausen. Oder besser Bazou ins Wasser saust. Chianga ist heute für Seebaden nicht wirklich zu begeistern. Der Schreck von eben sitzt ihr vielleicht noch im Nacken. 

Eine kurze Bierpause muss auch sein, heute mal ganz zünftig mit Brezel, und in schöner Stimmung der Nachmittagssonne mit vollem Seeblick. 

Die Weiterfahrt direkt am Seeufer offenbart nun die Schönheiten der von der höher gelegenen Straße aus versteckt liegenden Bebauung, die wir auf dem Hinweg erahnen konnten. Welch eine Pracht. Wunderschöne, ganz unterschiedliche Villen mit vorgelagerten riesigen Parkanlagen gucken hinab auf den See, auf ihr Bootshaus, ihren Steg, ihre Slip-Anlage. Und auf den geschotterten Uferweg, von dem immer mal wieder winzig schmale kurze Pfädchen durch den schmalen Gebüschstreifen zum Wasser führen. Sehr idyllisch, sehr ursprünglich.

Den Hochsommertag beschließen ein leckeres Grillvergnügen auf Holzkohle, ein ebenso glühender Untergang der Sonne ... 

und die Erkenntnis, die plötzlich irgendwo im Netz ohne unsere entsprechende Suche einfach so auftaucht - da geht doch irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu ?!?