25.06.2022 Samstag
Bella Italia, da sind wir.
Und ich sag noch, jetzt muss etwas aufgepasst werden, Italien ist ja enger, und schon müssen wir laut Navi-Rüdiger abbiegen, und es wird auch schon bedenklich eng, kaum zu glauben. Auf diesen Schreck wäre ein Prosecco echt gut, aber wir können leider nicht abbiegen, unser heutiges Ziel liegt woanders.
Hinter Triest überqueren wir etliche Flüsse. Sie sichern die Bewässerung des flachen, landwirtschaftlich genutzten Gebiets. Überall schießen kräftige Fontänen in die Luft und versorgen Mais, Getreide und Weinreben auf den Feldern zwischen stattlichen Gehöften. Am Horizont ziehen sich parallel zur Autobahn die ersten Gebirgszüge der Alpen.
Bald verlassen wir die AB und fahren durch eine kleine Ortschaft zunächst einen Supermarkt in 4 km an. Ein paar italienische Schmankerl müssen mit. Danach geht‘s um ein paar Ecken zu einem Sportfischerverein, auf dessen Gelände man nach kurzer Anmeldung bei Irene campieren darf. Sie öffnet das Tor, und wir haben freie Wahl. Unter schattigen Bäumen mit Blick auf die Fischteiche halten wir es aus. Die schwüle Hitze ist echt schlimm. Abends gesellt sich noch ein französisches Paar dazu, die in der Nähe von Aix en Provence leben. So haben wir ein schönes Thema: die Cote d‘Azur, allein schon beim Darüber-Reden verführerisch.
26.06.2022 Sonntag
Im vollen Genuss der aalglatten norditalienischen Mautstrecke geht es weiter für uns Richtung Mailand und oberitalienische Seen. Welch eine herrliche Landschaft hier, wirklich gesegnet. Ein Genuss in jeder Hinsicht, An- und Draufsicht. Und dazu schmachtet Eros sein „Cose della vita“ … da packt es einen doch und man fragt sich: „Warum sind wir so lange schon nicht mehr in Italien gewesen??“.
Burgen, Kirchen, Weingüter, Leib und Seele werden angesprochen, Sonntagsbilder, und man merkt irgendwann nach vielen vielen Kilometern, dass man ein Dauerlächeln im Gesicht trägt, nur ganz gelegentlich von einem staunenden Ausdruck unterbrochen, als z. B. Ferrari in glutrot an uns vorbei schnurren und besonders, als uns einer in Squadra-Azzurra-Himmelblau überholt, zwar auf einem Hänger, der musste sicher geschont werden.
Wehmütig schwer wird es in Bergamo. Corona und Bergamo - diese Bilder vergisst man sein ganzes Leben nicht. Die Menschen hier werden noch lange die Zähne zeigen müssen, um Trauer und Schmerz zu verarbeiten.
Es herrscht reger Verkehr, was sich auch an der Mautstelle zeigt. Die Berge werden höher und ragen schon erheblich schroffer aus der Landschaft hervor. Höhe Monza geht‘s nun Richtung Norden Nähe Como zum Lago di Pusiano. Der war uns bis dato völlig unbekannt. Da wir uns aber vom vermuteten Getümmel an Lago di Garda und Como fernhalten wollen, kommt der CP am kleinen Lago di Pusiano gerade richtig, und es ist auf Mail-Anfrage auch ein Plätzchen frei.
Am Ufer entlang finden wir bald die leicht rumpelige Zufahrt zum CP, müssen den Hänger am Parkplatz abhängen, und können auf dem ansonsten mit Dauercampern belegten CP eine der Lücken für Durchgangstouristen direkt am Seeufer beziehen. Es herrscht typisch italienische CP-Stimmung. Überall sitzt man zuhauf zusammen, es wird gegrillt auf riesigen Grills, Musik beschallt alles, es wird gelacht und zugeprostet. Man hat richtig Spaß und Freude, die sehr ansteckt. Die ersten Worte Italienisch kommen so langsam in mir hoch, werden bei meiner Bitte, ein die Zufahrt blockierendes Auto etwas anders zu parken, weil es für das Concördchen sonst eng werden könnte, von der italienischen Grill-Gesellschaft gefeiert. Gern und völlig galant rangiert man unter den vielzähligen Augenpaaren versierter anderer Autofahrer, die natürlich Tipps zur Vermeidung von Karambolagen jeder Art fachkundig kundtun, „la macchina“ selbstverständlich und souverän herum und macht Platz für uns. Sie sind doch einmalig, diese Italiener, mit vollem Herzen dabei.
Und wir nun mittendrin, mit herrlichem Panorama, volle Breitseite. Zum Dahinschmelzen. Ja, nicht nur wegen der brutalen Hitze, auch wegen der Kirchtürmchen, der Häuser am Ufer, der hohen Berge, alles hinter dem tiefen Blau des Sees und unter dem blauen Himmel. Schön.
27.06.2022 Montag
Geschmort im eigenen Saft … so kommt man sich vor. Nachts gewitterte es mit wenig Regen. Aber ich erinnere mich, dass solche Witterung uns an den Seen hier in vielen Sommerferienzeiten immer begleitete. Irgendwie ist die Landschaft nicht umsonst so üppig grün. Tropisch ist es auch heute. Und tropengeeignet sind wir nicht, jedenfalls nicht mehr. Heute bleiben wir noch, faulenzen in der absoluten Stille um uns herum, denn die Italiener sind scharenweise gestern Abend wieder abgereist. Der See gehört uns.
28.06.2022 Dienstag
Abfahrt steht heute auf dem Programm. Genug der tropischen Schwüle. Wir sehnen uns nach Kühle. Und die folgt auch im Laufe des Tages, selbst wenn eine Begebenheit in uns alles zum Kochen bringt. In Como wollen wir tanken, bevor es Richtung Gotthard Tunnel geht. Also in die Tanke rein. Ein Mitarbeiter erscheint blitzschnell, voll tanken. Währenddessen sieht Wim, dass auf der Zapfsäule ein um 2 Cent je Liter höherer Preis erscheint als auf der großen Anzeige. Nachfrage: ja das wäre ja der Preis mit Service, da müsse man 2 Cent mehr zahlen, wohlgemerkt pro Liter! Fassungslosigkeit! Ich schimpfe über die mafiöse Unverschämtheit, Wim lässt den Tankvorgang abbrechen, der Mitarbeiter liest die Bankcard ein, übergibt mit einem Schulterzucken einen ausgedruckten Beleg. Ich sehe, dass es nur der Abbuchungsbeleg ist, keine Tankrechnung. Es wird immer toller. Jetzt wandert wohl das Geld auch noch am Fiskus vorbei, oder was? Ich fordere eine Rechnung. Er stellt sich dumm, das wäre doch eine. Erst auf wirklich sehr böse Aufforderung schleicht er sich und händigt mir eine ordnungsgemäße Rechnung aus. Sachen gibt‘s, die gibt‘s gar nicht! Das wunderschön daliegende Como nebst See entschädigt und besänftigt etwas.
Die Grenze zur Schweiz ist schnell erreicht. Wir zahlen die Schwerlastabgabe und kaufen die Vignette für den Hänger, mit 76 € ein teurer Spaß, aber ggf. Grund, im Herbst eine kleine Tour durch die Schweiz zu machen, da die Gebühr an 10 Tagen innerhalb eines Jahres gültig ist und wir jetzt nur einen Tag davon in Anspruch nehmen.
Und dann hat uns diese gigantische Bergwelt im Griff. Sinken auch die Temperaturen von 34 Grad in Italien am Morgen auf gewittrige 18 Grad im Verlauf mit Hagelwülsten an den Straßenrändern, so sind die Ansichten doch phantastisch. Die Schweiz ist eben irgendwie putzig, irgendwie immer wie Spielzeugeisenbahnland, so unwirklich propper. Natürlich wär’s bei besserem Wetter noch besser. So denkt sicher auch Prinz Albert von Monaco, der möglicherweise mit seinen Zwillingen grad an uns vorbei braust in seinem Rolls Roys, oder der Graf von Luxemburg, der uns nach einer Shoppingtour in Mailand mit seinem Bentley überholt. Wer weiß?!
Jedenfalls sind die vielen wilden Sturzbäche, die sich an den Felswänden hinab stürzen, bei jeder Wetterlage faszinierend und Staunen auslösend. Mystisch wirken diese Urgewalten vor den nebelverhangenen Steilhängen.
Wie so oft in den Bergen, trifft man hinter einer Gebirgskette auf anderes Wetter. Wir haben es gehofft, und es ist tatsächlich besser. Nach Tunnelausfahrt ist es grüner, klarer, und die Schweiz zeigt sich von ganz guter Seite. Ein Bilderbuch zum Durchfahren. Und immer wieder die Feststellung und das Staunen darüber, wie und wo Menschen sich überall niedergelassen haben und leben und bauen.
Kurz und schmerzlos überqueren wir unterhalb Basel den Rhein und passieren die Grenze zum Heimatland. Puuuh … ein gewaltiges Länder-Hopping liegt hinter uns. An einem Weingut mit Hofladen in der Nähe machen wir für heute Nacht Quartier. Man steht hier im kleinen Dorf Fischingen recht ruhig. Der Hofladen überzeugt uns weder in Qualität noch in Bezug auf die Freundlichkeit. Nach Kauf eines kleinen Dinkelbrotes für sage und schreibe 6,20 € und der kostenlosen patzigen Bedienung in Manier einer gestressten Oberlehrerin, die einem das sichere Gefühl vermittelt, dumm zu sein und ungelegen zu kommen, sehen wir von einem Restaurantbesuch ab und ziehen einen gemütlichen Abend am Womo vor.
29.06.2022 Mittwoch
Der Tag startet mit einem Fehler, nämlich dem Kauf von Brötchen in diesem noblen Hofladen. Wim kann mich noch gerade so davon abhalten, sie zurück zu bringen, da anzunehmen ist, man hat ihm abgenutzte Spülschwämmchen eingetütet. Eine Unverschämtheit, so etwas hierzulande als Brötchen zu verkaufen. Grau, schwammig, nass, klumpig, ekelhaft einfach nur. Na ja, der SP ist kostenlos, viele Kunden fuhren vor, evtl. haben wir einfach nur Pech … und es waren versehentlich wirklich die Spülschwämmchen, man wird es nicht erfahren. Für uns geht‘s jedenfalls weiter Nähe Offenburg nach Oberkirch, wo unser jüngster Sohn, der Nähe Köln in einem Fruchtgroßhandel beschäftigt ist, sich hier in einem neu dazu übernommenen Betrieb ein paar Monate um die Entwicklung effektiverer Strukturen kümmert.
Oberkirch liegt an der Badischen Weinstraße in einer mit Obst und Beeren gesegneten Gegend. Überall hängen die Bäume voller Kirschen, Sträucher voller Beeren. Und es gibt einen SP am kleinen Fluss Rench. Sehr viele Womos stehen schon dort, scheint beliebt zu sein. Wir finden ein Plätzchen und verbringen einen sehr schönen Abend zusammen.
30.06.2022 Donnerstag
Der heutige Tag ist der letzte dieser Reise. Ein kurzer Hüpfer über den Rhein nach Frankreich, und über Straßburg und das Elsass geht’s nach Hause.
Ein Stopp am letzten französischen Supermarkt muss sein. Und mit ein paar französischen Köstlichkeiten im Sack erreichen wir Saarbrücken, in dem ein schmuckloses Hotel die Stelle „Alter Zoll“ markiert. Und damit wäre auch der letzte Grenzübertritt auf dieser Tour, wie all die vielen vorher, ohne jedes Problem erledigt.
Nach den herrlichen Aussichten auf das Moseltal Höhe Longuich, die auf dieser Route wirklich sehenswert sind, hat uns bald die Heimat, das schöne Kylltal in der Vulkaneifel, wieder. Wir freuen uns sehr auf den Schatten, den unsere 6 hohen Eichen spenden … und auf ein paar Tage Urlaub ;-).