BOSNIEN-HERZEGOWINA
im Schnelldurchgang
KROATIEN
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SLOWENIEN
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19.06.2022 Sonntag
Die Hoffnung ist grün, wie die Grenze zu Bosnien-Herzegowina, und wird nicht enttäuscht. Ruck zuck werden wir nach kurzer Kontrolle der Pässe freundlich und zuvorkommend im Land begrüßt und durchgewunken.
Sind die landschaftlichen Unterschiede der beiden Länder auf den ersten Kilometern nicht erheblich, so macht Bosnien-Herzegowina einen milderen Eindruck, ist weiter, weniger schroff als Montenegro. Das betrifft allerdings nicht den Straßenzustand, dieser ist miserabel auf unserer Route. Das Umweltbewusstsein scheint ähnlich zu sein. Eine riesige Mülldeponie am Hang lodert und qualmt oberhalb eines herrlichen Sees vor sich hin, ein immerwährendes Licht, ein ewiges möglicherweise, wenn keine Hilfen und Lösungen auch für solche Länder gefunden werden.
Unser heutiges Ziel nach gut 300 km hätten wir auch, vermutlich mit leichtem Umweg, über bessere Route erreichen können, nein, in einem Moment der Unachtsamkeit lotst uns Navi-Rüdiger über eine Strecke, in der Karte hellgrau gerändert auf weißem Grund, also Kategorie „Dorfstraße - eher schlechter“, die den auserwählten SP am Fluss in der Schlucht von vorne, statt von hinten, da Route weiß von hinten erheblich weniger lang, erreicht. Mit den Worten „Oh, das ist bisher das größte Womo, das uns besucht, und dann auch noch aus dieser Richtung“ begrüßt uns der lachende Betreiber und versichert, irgendwo passen wir auf seinen kleinen Platz am rauschenden Bach.
Stimmt, wir passen. Am Ende der Reihen ist reichlich Platz, Fluss etwas tiefer liegend, Schluchtstraßenlärm da, aber kaum störend, keine Ziegen, keine Hühner, keine Enten, keine Katzen, keine Hunde, keine, wir bleiben.
20.06.2022 Montag
Heiß ist es, aber ein klein wenig bewegt sich die Hitze, ein Windchen weht, laut Betreiber, immer durch die Schlucht. Es ist erträglich. Einschränkend muss gesagt werden, nur dann erträglich, wenn man nichts tut. So halten wir uns eben daran, planen die weitere Route, angesichts der Hitze und Ferienzeit werden wir zügiger unser Zuhause ansteuern. Mal sehn, es soll trotzdem kein Gewaltakt werden. Wir sind für den Balkan offenbar mindestens einen Monat zu spät dran, was an der Ausgangsplanung einer ursprünglich „gemeinsamen“ Reise liegt. Kompromisse sind nicht immer gut, mal gelinde ausgedrückt. Die Hitze jetzt jedenfalls kostet viel Energie und macht lahm. Und für die Hunde ist es eigentlich überall wenig passend von der Temperatur her. Sind wir auch alle nicht die Wahnsinns-Bewegungs-Freaks, so aber auch überhaupt keine Unter-Markisen-im-Schatten-Lieger. Machen wir das Beste draus - und manchen Fehler ein Mal und nie wieder. Und das Beste ist jetzt Wasserwaten mit Flussbaden! Ein Hochgenuss! Hat man einmal in wilden Flüssen gebadet, will man nie mehr anderes.
21.06.2022 Dienstag
Wir bleiben. Es ist einfach zu schön hier. Vor allem ist es so passend, da quasi keine Reize für Gustavo bestehen. Es entspannt ihn, nicht wesentlich, aber sehr viel erträglicher, er muss nicht dauernd bellen, Chianga angehen in seiner „Not“ oder Passanten anfauchen. Natürlich ist „Vermeidung“ und „Umgehung“ kein wirkliches Mittel, für den Moment für uns alle aber das beste und mal zum Aufatmen gut. Eine kleine Radrunde drehen wir, bevor die Hitze wieder zuschlägt und sich in den Anhängern der Hunde tierisch staut trotz Lüftungen rundum und Windchen in der Schlucht.
Die Gegend ist wirklich wunderschön. Der Fluss bietet immer neue Ansichten, mal wie Dschungel, mal wie Gletscherwasser. Große Flusskrebse sausen vor den Füßen weg, Schwärme von Fischen versammeln sich und kümmern sich voller Hingabe um abgestorbene Hautpartikel an Füßen und Unterschenkeln. Dafür muss anderswo viel Geld bezahlt werden, wobei wir im Airport Singapur mal in den Genuss einer solchen „Behandlung“ gekommen sind, da unser Flug Verspätung hatte, spendierte uns Singapore Airlines einen Aufenthalt im Fischbecken. Das war echt spannend und letztlich entspannend. So ein kleiner Fisch frisst einen ja nicht gleich. Aber die Menge der hungrigen Mäuler … na na na ;-).
Wo wir schon bei wilden Tieren sind, die sicher in den hohen Felswänden der Schlucht zuhauf leben: einer Schlange begegnen wir, oder besser, sie schleicht sich vor unserer Markise über den Schotter und verschwindet zum Ufer hin. Unsere neugierige Chianga verhält sich ruhig, sie hat ja wohl noch von Schlangenbegegnungen, im wahrsten Sinne des Wortes, „die Nase voll“, nachdem sie ja vor einem Jahr in Estland in selbige von einer Kreuzotter gebissen wurde mit schlimmen Folgen damals, die aber Gottseidank schnell mit tierärztlicher Hilfe abheilten. Und dem feurigen Gustavo, der ansonsten sein Umfeld akribisch abscannt, ist sie glücklicherweise irgendwie dadurch gegangen.
Aber unbedingt muss man am Fluss diesen Zauber beobachten. Im Laufe des Tages versammeln sie sich, werden mehr und mehr, bevölkern Geäst und Steine im Flusslauf, Gräser und Büsche am Ufer, unwirklich, leuchtend, tintenblau strahlend, flattern auf und ab, vollführen Tänze und Kämpfe, ein einziges Spektakel, still wie alles hier. Von „Calopteryx virgo“ ist die Rede, die faszinierend schöne Blauflügel-Prachtlibelle. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 7 cm und ihrer sehr auffälligen Flügelfärbung machen die Männchen schon viel her in der Hoffnung, den durchscheinend bräunlich bis kupferfarbigen Weibchen zu imponieren, wovon nur sehr wenige zugegen sind. Diese Libellenart hält sich nur an völlig intakten schnell fließenden, beschatteten und kalten Fließgewässern auf. Sie garantiert also ein naturgesundes Baden im Fluss, ist Teil dieses Idylls hier und macht irgendwie glücklich. Manchmal ist es eine Winzigkeit, die einem Stellplatz einen Hauch Einzigartigkeit verleiht.
22.06.2022 Mittwoch
Heute wird nicht nur die Woche geteilt, heute teilen wir auch mit, dass wir diesen Platz trotz überwältigender Schönheiten verlassen und uns Richtung Kroatien aufmachen. Der platzeigene Aufpasser verabschiedet uns, und über schmale Landstraßen und herausgeputzte bosnische Dörfer mit vielen Kirchen und reichlich Blumenschmuck erreichen wir nach einer Stunde die Grenze, an der wir zügig, anstandslos und freundlich abgefertigt werden.
Ein Stück weiter an der Grenzstation Kroatien lässt man uns ebenfalls ohne Probleme hinein ins Land. Schlagartig ändert sich augenfällig einiges. Die Ansiedlungen wirken leicht italienisch, das touristische Angebot am Straßenrand ist enorm, Lidl, DM, KiK und Konsorten machen auf sich aufmerksam und in einer ersten kroatischen Baustelle stehen wir im Stau. Grund: ein Freizeitfahrzeug hat sich im Baustellensand festgefahren.
Wunderschön am Fluss Neretva entlang geht es erstmal ein ganzes Stück. Die in den Verkaufsständen an der Straße unter Wasserspeiern aller Art liegenden Melonen lachen einen an, Mandarinenhonig als Mitbringsel für zuhause ebenfalls.
Dann muss gekraxelt werden. Hinauf geht es über das Küstengebirge mit tollem Blick auf eine zerklüftete Seenlandschaft.
Höhe Ploce erreichen wir die Küstenstraße Nr. 8. Natürlich wartet sie auf mit malerischen Buchten und auf Tourismus eingestellter Umgebung und Belustigung. Voll ist es, überall quillt schon beinah alles über. Handtuch liegt an Handtuch, Parktaschen rappelvoll, Orte seelenlos eintönig, wie schnell aus dem Boden gestampft.
Wir finden einen größeren staubigen Platz mit Meerblick, auf dem 2 Busse stehen, perfekt für ein kleines Kaffeepäuschen und mal Hunde raus. Gesagt, getan. Wasserkessel auf die Flamme. Und schon kommt ein Mann herbei, Parken kostet 10 €, egal wie lange. Es täte ihm leid, aber der Chef habe alles video-überwacht, er könne da nix machen. Kopfschütteln, Wasserkessel vom Herd, anschnallen und weiter.
Eine Möglichkeit für uns, rechtsseitig am Hang eine Parktasche zu finden, ergibt sich nicht, es gibt keine. Zum Meer hin kommen einige, Linie aber durchgezogen, viel Verkehr, ansteuern unmöglich und Pause damit auch. Zum Glück ändert sich auf Split zu etwas die Ansicht der Orte, die Häuser aus anderen Epochen versprühen Charme und etwas Eigenständigkeit wird spürbar. Wir lieben es eher, an altem Gemäuer vorbei zu fahren, etwas, das Geschichten erzählen könnte, wo Feigenbäume seit Jahren aus Ritzen und Spalten im Gemäuer quellen und wackelige Eisengeländer nicht mehr das halten, was sie versprechen.
Hinter Split schlagen wir uns wieder ins Inland. Sofort ändert sich alles. Ländlich gemütlich wirkt die Gegend, der Trubel der Touristenströme weit weg. Den CP am Perucko Jezero erreichen wir etwas genervt, da dieses Warnsymbol sich wieder einschaltet. Langsam rollen wir daher auf schmalem Sträßchen in den CP rein. Hier erwartet uns aber nur Frieden und außer Natur nichts. Herrlich. Ein paar Camper stehen verstreut im Wald zum türkis leuchtenden See hin, Parzellen gibt es nicht, Wiesen schließen sich an, auf denen man auch campen kann, ebenso ein großer geschotterter ebener Platz. Und als besonderes „Leckerchen“ wurde ein Gemüsegarten angelegt, in dem die Gäste sich bedienen dürfen. Hier kann man es aushalten.
23.06.2022 Donnerstag
Heute ist mal wieder ein Tut-sich-nix-Tag. Es ist so heiß, die junge Frau vom Platz, die aus Lettland stammt und mit der ich lange über unsere tolle Rundreise im letzten Sommer im Baltikum erzähle, sagt, es sei viel zu heiß für Juni. So muss man die Hitze still ertragen, wie die anderen, die sich mittlerweile eingefunden haben. Es sind einige, fast alles deutsche Camper. Aber auf der Küstenstraße sind uns schon so viele Womos begegnet, auf den 100 km mehr als auf der ganzen Route durch Türkei und Balkan zusammen. Das wird ein heißer Sommer! Morgen werden wir Kilometer machen Richtung Heimat.
24.06.2022 Freitag
Gesagt, getan. Weiterreise ist Programm und Slowenien Ziel. Über die gut fahrbare Landstraße 1 winden und schlängeln wir uns durch Dörfer und schöne Landstriche. An der Tanke gibt‘s zwar Persil, aber leider keinen freundlichen Frontscheiben-Waschmann, wie in den Ländern zuvor. So entfernt Wim die Frontscheibenschleier und macht den Weg frei, oder zumindest klarer, für mich und meine Kamera.
Bald schwingt sich das Concördchen wieder in die Höhe. Trotz starker Bewölkung, die auf den Fotos nicht erahnen lässt, dass eine Bullenhitze mit weit über 30 Grad herrscht, sind die Aussichten nach unten auf die kroatische Welt herrlich. Auch hier auf dieser Route, wie auf den vielen vorher im Balkan befahrenen, erinnern unzählige Steinplatten mit Inschriften, gravierten jungen Gesichtern und Blumenschmuck, auch oft mit beigelegtem Helm, an die, die ihr Leben durch einen Unfall verloren haben.
Die Grenze naht, und nach kurzer Passkontrolle durch die Slowenen erreichen wir auch schon 10 Minuten später unser Tagesziel für heute. Gut, „schon“ ist relativ, fast 400 km wurden abgerissen mit viel Landstraße und wieder mal blinkendem Symbol „ESD“, was scheinbar nichts Gravierendes bedeutet, aber an den Nerven zerrt. Da es aber unterwegs auch wieder verschwand, wurde der Plan, Iveco Ljubljana anzufahren, verworfen, und stattdessen werden wir nun über Italien und den Gotthard nach Hause ziehen. Aber nun zunächst rein hier auf den SP hinter der Pension Patrik. Sehr ordentlich ist alles angelegt, und es gibt sogar eine „Dog-Street“, wobei rundum genügend Wiese und Wald ist. Praktisch auch die kleine Bar, aus der ich nach Anmelden direkt mal 2 Humpen leckeres frisch gezapftes Bier zum Sofort-Wegzischen zur Freude meines Chauffeurs und Frontscheibenreinigers mitbringen kann.
Ein italienisches Womo rollt an, ein typisch italienisch freudiges Ehepaar mit Tochter begrüßt uns. Es tut so gut, nochmal Italiener im „Dunstkreis“ zu haben, Dunstkreis deshalb, weil man das Gefühl hat, man verdunstet in der Hitze. Wir bemühen uns, uns gegenseitig zu verstehen, was gut gelingt und Spaß macht, und vor allem: Lust auf mehr. Neulich sagte ich erst zu Wim: „Höchste Zeit, mal wieder Italien zu erleben!“. Ich liebe diese Menschen, dieses Naturell, den Überschwang, und all das andere Wunderbare, das Italien bereit hält. Gut, dass die Entscheidung für die Route Oberitalien gefallen ist. So erfahren wir wenigstens ein Stückchen Italien. Und schon kommt unser Hausherr an und lädt uns auf ein Gläschen Wein ein. So können wir die Plauderstunde ausdehnen und philosophieren über Gott und die Welt und das Leben im Besonderen. Er, Marjan, spricht perfektes Deutsch, er ist in Rente, stammt hier aus dem Dorf, habe als Vertreter für Farben und Lacke sehr viele Jahre gearbeitet, vor allem in Russland und Osteuropa. Aus dieser Zeit noch stamme seine Liebe zu Lena, einer Russin, die in Moskau lebt und sich um ihre über 90jährige Mutter kümmern muss, sie sich u. a. deswegen kaum sehen, aber bald wohl ein Treffen in Serbien stattfinden kann. Lebenswege gibt es, werden bei gegenseitiger Sympathie auch gerne preisgegeben. Ein interessanter liebenswerter Mensch, ein leckerer Wein, ein behütetes Fleckchen, ein schönes Stündchen, sehr viel Genuss.
25.06.2022 Samstag
Wir ziehen weiter. Die Italiener verabschieden uns sehr herzlich, was richtig gut tut. Und die wenigen Kilometer bis zur Grenze nach Italien legen wir schnell zurück auf schmalem Sträßchen durch waldreiche schöne slowenische Gegend. Etliche Lokale liegen an der Straße. Knusprige Spanferkel drehen sich in riesigen Grills. Verlockend ist das Angebot. Aber für uns nicht, denn Spanferkel zum Frühstück muss nicht sein. Wobei … !? Aber sparen wir uns den Hunger auf für Italien.