von Valensole nach Reillanne

05.06.2025 Donnerstag

Auf dem Weg nach Apt, das nach Valensole als nächstes Ziel geplant ist, liegt unweit der Route eine schöne Windmühle mit herrlichen Aussichten ins Luberon. Kurz davor gibt es einen kleinen Parkplatz, ideal für Besuch der Mühle und eine Übernachtung. Das machen wir. Zunächst geht es allerdings hinab vom Hochplateau durch zauberhafte Natur. Wie wir es vom Hinterland in Saint Tropez kennen, sehen die Straßenränder und Böschungen wie wilde Steingärten aus. Wurzelgebilde machen jede Ecke einzig. Die Korkeichen verströmen große Ruhe. Man wird unweigerlich innerlich friedlich, vergisst, lebt die Momente. 

Das ist auch nötig, denn unten erwartet uns nach Überfahren des wiedermal riesigen Flussbetts der Durance und eines Kanals die Kleinstadt Manosque mit viel Verkehr, engen Straßen und Baustellen. Nach Finden einer Tankstelle und Prüfen des Reifendrucks sind wir froh, uns aus dem Getümmel herausgewurschtelt zu haben, fragen uns allerdings, warum „der Lidl“ seine Waren bei uns oft in der letzten Baracke anbietet. 

Und hinauf auf den nächsten Col geht es. Die Schönheiten der südfranzösischen Natur begleiten uns, die Ausblicke sind fantastisch. 

Oben angekommen ändert das sich. Der Boden der Realität ist hart, bzw. hart und heiß, denn er wird gerade neu asphaltiert. Zig LKW stehen bereit, jede Menge Arbeiter schuften, Maschinen dampfen. Das wäre ja alles nicht von wirklicher Bedeutung, wenn nicht im Zuge der Straßenbauarbeiten die Abzweigung Richtung Mühle gesperrt wäre. Tja, das wird dann wohl nix. Also über die Kuppe hinweg und „der Route folgen“, wie Navi-Rüdiger anregt. Unterwegs warnt ein Schild vor Schafen. Und siehe da, im mindestens schafshohen Gras schiebt sich eine Herde Ton in Ton grasend vorwärts, wähnt sich sicher im Schlaraffenland. 

Aber nun direkt nach Apt auf den ab morgen vorsichtshalber angefragten CP wollen wir nicht, irgendwas muss es hier doch noch geben. Rechts ran und mal googeln. Wir könnten in einem Bergdorf rechts oben auf einen Parkplatz, der gut aussieht. Nicht weit, aber man weiß ja, wie‘s gehen kann. Wir gucken uns an, nicken, erledigt, Gas. Es geht schon gut los auf einer zweigeteilten Straße, zwei Spuren in gerade mal Fahrradwegbreite, dazwischen Grasstreifen und dicke Platanen. Auch so noch nie gefahren. Dann vereinen sich die beiden Spuren, nicht aber doppelt breit, nein, schmal und dafür steil. Schön ist die Aussicht am Mäuerchen entlang, malerisch die Kirche in Höhenlage, sobald wir uns vom Schreck, was uns wohl so mit unserem 6Tonner nach dem Straßenschild „Fahrbahnverengung“ am Steilhang erwarten könnte, erholt haben. Es ist jedenfalls nichts, außer Enge und einem kleinen Bagger, der sich zu schaffen macht. Zwei Haarnadeln später, steil aufwärts mit viel Mut und Gefühl, und wir kommen auf eine Gerade. Am Schild „Parkplatz“ können wir nicht abbiegen: Teppichstange. Wenden unmöglich, daher mal ein Stückchen weiter gucken. Siehe da, ein weiterer Parkstreifen tut sich auf und am Ende eine unbefestigte Zufahrt auf ein tiefer gelegenes, kleines rundes Wiesenplateau. Na ja, ins Thema „Plateau“ haben wir uns ja gerade gut eingearbeitet, also nix wie drauf. Das Concördchen passt, Gräser und Halme sind biegsam, Flurschaden richten wir nicht an, und stehen. Blick Schwalbennestdorf auf 12 Uhr. Perfekt. Vor lauter Gedöns befindet sich nichts mehr aus der Boulangerie an Bord. Und es ist Nachmittagskaffeezeit. Wim holt Brot? Nein! Wim backt Pfannkuchen! Zwei Äpfel müssen weg. 

Am Abend reizt uns doch der Kern des Örtchens Reillanne. Die Kirche liegt hoch, sehr hoch. Aber wenn man sie dauernd aus seinem Klappstuhl so ansehen muss und nicht näher kommt, ist es auch wenig erbaulich. Wim springt auf, Wim holt die Räder raus. Es lohnt sich noch, auch wenn es keine 10 km Radtour wird. Und ob es sich lohnt. Schnell sausen wir von unserem Wiesenplateau zur Ortsmitte hin, lassen die scharfe Haarnadelkurve links liegen und sind im Zentrum, wo wir uns nicht aufhalten lassen, da wir den guten Schwung nutzen und sofort eine Gasse nehmen, die ziemlich nach oben führt. Hier gelangen wir auf einen asphaltierten sehr schmalen Weg, der wie ein Panoramaweg irgendwie rund zu führen scheint. Evtl. kurbelt er sich mit uns bis ganz nach oben. Zunächst wird aber die tolle Aussicht genossen, eine, die postkartentauglich ist. 

Nächste Terrasse erradeln wir uns. Eine eiserne dicke Kette verhindert die Weiterfahrt. Von hier aus steigen wir zu Fuß auf einem grob gepflasterten Weg hinauf und kommen auf dem Kirchplatz an. Die Ruine eines Turms steht neben der leider verschlossenen Kirche mit herrlichem Kirchturm. Läuten kann er, was mehrfach heute zu hören war. Rundum kann man wunderbare Aussicht genießen, über das Dächergewirr mit seinen tönernen Farben sieht man ins Vallée de Luberon, das Concördchen können wir in der Ferne entdecken, ein frisches Windchen weht und Blüten, die aus den Mauern quillen, wiegen sich im Wind. Still ist es hier oben. 

Für die Rückfahrt lassen wir uns etwas mehr Zeit, halten im Dörfchen an und genießen das Gemurmele von der Außenterrasse der Bar. Menschen sitzen in Grüppchen auf den Mauern in der Sonne oder vor ihren Haustüren. Alles wirkt sehr beschaulich und gelassen, fernab jeder Hektik. Süden eben.

Auch wir können trotz zunehmender Bewölkung heute noch reichlich Abendsonne und vor allem einen spektakulär fantastischen Sonnenuntergang, der rundum alles in honiggoldenes und später provence-pastelliges Licht taucht, genießen und freuen uns auf morgen. 

… Text folgt