von Dole nach Montalieu-Vercieu

31.05.2025 Samstag

D905, D475, D1083, D177 Umfahrung Bourg-en-Bresse, D1075 - natürlich ziehen wir wieder mautfrei los, haben Dole verlassen und hangeln uns über sehr gute Straßen bei sehr wenig Verkehr durchs Hügelland Richtung Grenoble. D.h. auf halber Strecke planen wir einen Zwischenstopp an der Rhone ein, 170 km an einem Tag reichen aus. Natürlich sind jede Menge Kreisverkehre zu durchfahren, aber es ist einfach schöner, dem Land etwas näher zu kommen als beim Brausen über eine AB, mal abgesehen von der doch extrem teuren Maut für hohe Fahrzeuge. Wie schon gestern liegen auch heute nur wenige Ortschaften an der Route. Linksseitig lohnt sich wegen der verdreckten Frontscheibe ohnehin kein Foto, und nach rechts raus ist die Beute überschaubar. Aber der sehnsüchtige Blick beim Überqueren der Loue ist herrlich, da könnte man direkt abtauchen. 31 Grad sagt der Außenfühler. Landwirtschaftlich genutztes Land breitet sich weit aus, links ziehen hügelige Kuppen des Jura dahin, rechts eine riesige Weite, eine Ebene, in der die Saône fließt. Vielfach lesen wir Beschilderungen zu Weingütern, obwohl wir nur wenige Hänge mit Reben sehen. 

Auch die für die Region typischen Poulet de Bresse werden beworben. Wir machen Witze über die Art der Zubereitung der Press-Hühner, nicht der Bresse-Hühner, sehr lustig. Dann überqueren wir den Fluss Ain. Die Landschaft wird enger, die Hügel deutlich schroffer, es sind keine waldigen Höhen mehr, sondern felsige Berge. Das Jura-Gebirge schiebt sich hier grenznah zur Schweiz nah ran, die Tamarisken blühen in vielen blassen Rosa-Tönen und in der Ferne blitzen uns doch tatsächlich die blendend weißen Schneefelder eines mächtigen Massivs entgegen. 

Das Tagesziel kommt in Sicht. An der Route liegt der Port ViaRhôna, ein Yachthafen an der Rhone in Montalieu-Vecieu im Vallée Bleue. Hier darf man mit dem Womo 36 Stunden verweilen. Prächtig, wie häufig in Frankreich, wir sprachen darüber. Auf dem großen Parkplatz stehen schon einige Womos. Wir gesellen uns dazu, Plätzchen am Rand, Baum und Wiesenstreifen an Terrasse, Blick auf das kleine Hafenbecken und die recht imposante Bergkulisse. Alles bestens, alles kostenlos, was will man mehr. Nur eben tierisch heiß und schwül. Aber da müssen wir durch, südliche Regionen sind nun mal wärmer.


Eine kurze Umgebungsrunde mit Aufspüren einer Badestelle für Chianga endet damit, dass ich das Teleobjektiv aufschraube, um die Bergwelt näher an mich heranzuziehen und einer Entenfamilie aufs Gefieder zu rücken. 

Gegen Nachmittag holt Wim mir mein Rad aus der Heckgarage. Der Radweg an der Rhone entlang lockt mich zu sehr. Außerdem liegt in erreichbarer Nähe die Île de la Serre, eine Halbinsel in der Rhone, auf der eine Wildwasserstation mit einem 600 m langen Flusslauf angelegt ist. Unter Rafting- und Kanufreunden, zu denen ich nicht gehöre, muss diese Anlage wohl etwas Besonderes sein mit vielen Schikanen. Das Spektakel will ich mir mal gerne anschauen. Die Tour zunächst hinterm Rhone-Deich ist wunderbar mit Blick auf das in vielen Farben schimmernde Felsgestein. Alles blüht am Wegesrand, wilder Thymian wird umsummt von Hunderten von Fluginsekten.

Und bald gesellt sich das fahl-türkise Wasser der Rhone dazu, breit und weit und still, wie ohnehin alles auf dieser Strecke. Es ist ein Genuss. Der Fahrtwind kühlt, nur Stehenbleiben ist etwas ätzend bei mittlerweile 34 Grad. 

Nach ca. 5 km biege ich nach rechts ab, über eine Brücke hinweg, und komme auf die Île de la Serre. Irgendwo blitzen zwischen Geäst bunte Farbkleckse und Freudenschreie kann man hören. Da haben aber welche Spaß. Und siehe da: Ziel erreicht. Die Wanne ist voll, voller Kanuten, die sich mehr oder weniger geübt und mutig auf den Kampf mit den brodelnden Rhone-Fluten einlassen und versuchen, die Strecke zu bewältigen, möglichst mit Kopf oben. Es wird ähnlich wie beim Skifahren sein, runter kommt man, fragt sich nur wie. Fährt das Kanu dich, oder fährst du das Kanu? Letztere Variante ist einfach die beste. Das Sportgerät will beherrscht werden, vor allem wenn‘s um technische Finessen geht wie Surfwelle, Tie Rock, sanfte Welle, Roller oder Weeper - Begriffe, die ich so von den Freaks hier aufschnappe. Jedenfalls ist es Vergnügen pur für die Wasserratten, und es sind viele, denn der angrenzende CP ist voll mit Freizeitfahrzeugen, Zelten und jede Menge Equipment.

Über die fahnengeschmückte Brücke setze ich noch über ans andere Ufer der Rhone, durchfahre das Örtchen, das sich an die Felswände drückt, lasse eine schöne Terrasse unbesucht, obwohl sie Grimbergen-Bier offeriert und begebe mich auf den Rückweg. Auf der langen Geraden durchs Vallée Bleue zerreißt plötzlich eine krächzende Hupe die Stille. Und plötzlich kommt mir auf dem parallel laufenden verwucherten Gleis, von dem ich annahm, es läge aber sowas von still, etwas Dunkles entgegen, ein Eisenbähnchen. Aus anhängenden bunten Wagen winken mir die Passagiere begeistert zu und freuen sich offensichtlich über das entschleunigte Reisen wie zu Uromas Zeiten. 

Das Abendlicht verwöhnt uns noch mit einem Erstrahlenlassen der Berghänge, und bis auf einige rasante Fahrer und Huper am späten Abend, die scheinbar den Sieg ihrer Pariser Mannschaft in der Champions League auf diese Art feiern, ist es an unserem Nachtlager sehr schön still. 

01.06.2025 Sonntag

Früh sind schon viele Fahrradgrüppchen unterwegs. Es ist wohl eine sehr beliebte Gegend. Hinter uns liegt eine ruhige und gar nicht so heiße Nacht ohne Gewitter, obwohl sich Ähnliches andeutete blieben wir verschont. Heute haben wir nur rund 100 km bis zum nächsten Ziel, können also mit Ruhe in den Tag starten. Wim dreht noch eine Runde mit Chianga, die sich tatsächlich so weit ins Wasser wagt, dass sie schwimmen muss. Leider habe ich gestern keine Badestelle für mich gefunden, die Uferbereiche sind einfach zu steil. Und mich wie ein Boot an einer Slip-Rampe zu Wasser lassen, verhinderte mein Taktgefühl. Contenance … vor allem in Frankreich ;-). So muss ich schweren Herzens auf ein Bad in der Rhone verzichten und die Womo-Dusche nehmen, eine weniger begeisternde Alternative, obwohl das Concördchen eine tolle Duschkabine hat. Na ja, Flussbaden ist ja angesichts der vielen Flüsse, die Frankreich zu bieten hat, ggf. noch irgendwo drin für mich. Nötig wird es bestimmt, sollte das temperaturmäßig so weitergehen, denn beim Start kurz vor Mittag zeigt das Thermometer 34 Grad! Kein Spaß, so innerhalb einer Woche 20 Grad zuzulegen. Wir legen los und kommen, vorbei am kleinen alten Bahnhof für die Bimmelbahn, mitten im Ort auf einem Parkplatz an der wunderschönen Mairie erstmal wieder zum Stehen. Es muss nämlich Brot her und etwas zum Sonntagskaffee. Wim erledigt das in der Boulangerie wie immer gerne, während ich um Platz, Denkmal und Blumenschmuck schlendere. Es ist schon eine Pracht, welche Blütenfülle die Gemeinden hegen und pflegen, welchen Wert man darauf legt und in welch kreativer Vielfalt. Einfach herzberührend schön. Und weiter geht‘s auf unserer Hauptroute D1075 dem nächsten Ziel entgegen.