von Belfort nach Dole

30.05.2025 Freitag

Mautfrei und bergauf und bergab geht es von unserer letzten Station Belfort weiter. N19, D474, D12, D475 - allesamt problemlos zu befahren. Die Meinung teilen wir sicher mit Unmengen von Womos, die aus allen Ecken auftauchen. Ansonsten herrscht bis auf einige LKW kaum Verkehr auf der heutigen landschaftlich schönen Strecke von rund 170 km mit wenig eingestreuten Dörfchen. Weiße Rinder und weißer Holunder wechseln sich ab, oft bietet sich extreme Weitsicht über endloses Ackerland vor hohen Bergzügen. Allerdings warnen Plakate und Kreuze mit: „Route de la Mort“, was ziemlich gruselig klingt, ist die Straße doch sehr gut in Schuss. Aber das wird wohl nicht immer so gewesen sein, und kurvenreiche Strecke im Hügelland darf man nicht unterschätzen bzw. sich überschätzen. 

Dole kommt schnell in Sicht. Wir haben keinen Schaden, aber auch keinen Schimmer, was uns erwartet. Unseren Plan, 15 km vor Dole einen CP anzufahren, haben wir gestern verworfen. Uns ist eher nach mittendrin zumute. Also immer schön mal dem Reisebus vor uns folgen, der fährt garantiert auch den Stadtparkplatz an, wo soll der sonst schon hin wollen. Und er passt perfekt, der Bus durchs Städtchen und für uns der riesige Parkplatz vor herrlicher Kulisse am Canal du Rhône au Rhin kurz vor der Mündung in den Doubs, der im nahen Jura entspringt. Staubig, sandig, unprätentiös, laut, aber volle Skyline Dole, und alles kostenlos, für einen One-Night-Stand bestens geeignet, wir reihen uns ein zwischen den Kollegen, Blick op d’r Dom, wir bleiben. 

Nach nur kurzer Pause, auch zur Beratung, ob wir heute noch zur Stadtbesichtigung starten oder erstmal nur eine Radtour am Doubs unternehmen und 2 Nächte bleiben, fällt die Entscheidung auf sofortige Besichtigung, obwohl es heiß ist, aber enge Altstadtgassen landläufig Schatten bieten. Zwei Etagen quasi müssen wir hinauf vom Canal zur Stadtmitte. Wim muss kräftig in die Pedale treten, Chianga hängt schließlich auch noch dran. Oben auf der Kuppe kommen wir sofort in einem stark befahrenen Kreisverkehr an und retten uns erstmal an einen wunderschönen Brunnen. Ach, wäre ich jetzt nur wie die beiden, zwei schöne französische Flüsse symbolisierend. Als Madame Loue würde ich jetzt gerne mit Herrn Doubs im Wasser sitzen, statt mit Herrn Grimbergen im Fahrradsattel. Nur so ein Gedanke, ein flüchtiger, der Hitze geschuldet und der schnell verschwindet, so wie wir im erhofften Schatten der Gassen, in denen wir uns vom Planschvergnügen der Kinder in einer Springbrunnenanlage auf einem Plätzchen vor der wunderbaren Stiftskirche Notre-Dame aus dem 16. Jahrhundert, die die Altstadt überragt, belustigen lassen. Selbige wird kurz darauf besucht, nicht nur der Kühle wegen, wie sich herausstellt, sondern weil sich der Blick durchs Kirchenschiff zum Altar und den Kirchenfenstern hin als umwerfend prachtvoll herausstellt.

Auf unserem weiteren Weg kommen wir an einem Orange-Shop vorbei. Mit Händen und Füßen kommen der junge Mann, der kaum Englisch spricht, ich nur halbwegs Französisch, vor allem im Handy-Netz-Gigabyte-Sektor, ins Geschäft, und ich verlasse mit einer vermutlich 180 GB SimKarte für 16,99 € für unseren Router den Laden in der Hoffnung, dass ich nun weder einen Vertrag noch ein Abo abgeschlossen habe und die Karte einfach nur nach Ablauf eines Monats ungültig wird, da nicht nachgeladen wurde. Mal sehn, ich muss sie auch erstmal in unserem umständlichen Router einspeisen, jedes Mal ein Horror mit dem Ding, was unendlich viel kann, aber nicht einfach eine neue Karte erkennt und macht, einfach macht. Die Gedanken verfliegen, da sich draußen auf der Gasse inzwischen ein junger Wilder mit Irokesen-Schopf in Bleu aufgebaut hat. Und trotz kernigem Aussehen widmet er sich ganz Zartem: Seifenblasen. Wie sowas einen wieder sanft stimmen und an Kindheit erinnern kann, einfach herrlich, auch die Gesichter der Umstehenden, einfach zauberhaft.

Radfahren ist hier im Stadtkern überall erlaubt, wenngleich auch Autos und Fußgänger die schmalen Spuren mit nutzen dürfen. Wir sind trotzdem froh, mit Rad unterwegs zu sein, kann man doch etliche Straßenzüge und Plätze mehr entdecken im historischen Zentrum von Dole, das komplett unter Denkmalschutz steht.

Und dann trauen wir unseren Augen nicht! Baggert doch mein MobiFun eine französische Schönheit an und klemmt sich dicht an selbige. Hals über Kopf scheint er sich verliebt zu haben, säuselt nur noch von „Liebe auf den ersten Blick“ und „l’amour l‘amour“, und beim letzten „Je t‘aime“ kommt Wim glücklicherweise mit seiner neuen Kappe aus dem Laden, und wir reißen das Idyll auseinander, schieben ab in eine der nächsten Gassen und beschaffen ein Baguette, zur Freude von Chianga. 

Zufällig und glücklicherweise landen wir in der Rue Pasteur, werfen einen Blick auf die sehr romantische schmale Promenade, welche am Kanal Tanneurs entlang führt und stehen kurz darauf vor der Büste und dem Geburtshaus des berühmten Wissenschaftlers Louis Pasteur. Hier erblickte er 1822 das Licht der Welt. Das Haus von Pasteur ist jetzt ein Museum, das einen Einblick gibt in das Leben und das wissenschaftliche Schaffen des berühmten Wissenschaftlers, der einst den Impfstoff gegen Tollwut entdeckte. Also es gäbe einen Einblick, hat aber leider nur noch 5 Minuten geöffnet, zu knapp, einfach zu knapp. Wir mahnen Chianga daher ersatzweise zur Andacht zum Dank für den, der sich bahnbrechend der Tollwut widmete. 

Bevor der auch vom schlauen Louis entdeckte Prozess der Pasteurisierung wegen der zunehmend steigenden Temperaturen für unser Innenleben zu heikel wird, schließen wir das Kapitel Altstadt und wenden uns für einige Kilometer dem Canal- und Flussufer des Doubs zu. Breit ist der Fluss, und sehr unterschiedliche Wohngebäude liegen am Ufer. Ein ehemals gewiss sehr pompöser Landsitz bröckelt vor sich hin, reizt aber zum Nachdenken über Gewesenes.

Ja, wer damals konnte, der ließ es eben krachen. Heute ist es nicht anders, wie wir bei Rückkehr am Concördchen erleben. Vorne herum ging‘s ja noch … aber hintenrum … mein lieber Scholli ! Aber bis morgen wird das Long Vehikel unser Floh-Concördchen ertragen können, dann ziehen wir ohnehin weiter … und im Dom geht das Licht an. 

31.05.2025 Samstag

Wim holt Brot. Trotz großer Hitze auch noch gestern am Abend konnte ich dem Router nach einigem Hin und Her die Orange-Karte schmackhaft machen, und er akzeptierte sie in seiner unendlichen Güte. Nachts war es wider Erwarten angenehm frisch, es hat sich noch nicht aufgeladen, hoffen wir, dass es auch weiter südlich wenigstens nachts noch erträglich bleibt. Langsam brechen wir unsere Zelte in Dole ab. Immer an der Wand lang starten wir zum heutigen Tagesziel, einem kleinen Yachthafen an der Rhone. Da sind wir wiedermal gespannt, was uns erwartet.