03.06.2024 Montag
Natürlich hätte man außer der Festung auch die Stadt Sedan selber noch erkunden können, aber unser Parkplatz an der Burg scheint uns für die Nacht nicht so prickelnd, der am nächsten Zielpunkt in Charleville-Mézières schon besser geeignet. Dort bietet die Gemeinde einen SP an einem kleinen Jachthafen an der Maas an. Da sich die Beschreibungen der Stadt sehr verlockend anhören, werden wir wohl dort 2 x übernachten. Mal sehn, wie es so passt. Raus also aus Sedan und über die Maas hinweg fahren wir am Ufer entlang. Gelegentlich schauen prächtige Chateaus aus dem Grün. Schnell sind die knapp 30 km gefahren, und nach einem Örtchen folgt schon unsere Zielstadt. Quer hindurch müssen wir und 2 x über die Maas, in deren enger Flussschleife Teile dieser Stadt liegen. Prächtige Bauten säumen den Weg, machen uns gespannt auf morgen, denn dann wollen wir rundum alles beradeln und die Schönheiten der Hauptstadt der französischen Ardennen, Charleville-Mézières, entdecken.
Unter einer Fußgängerbrücke hindurch mit Begrenzung 3,40 m wackelt unser Concördchen vorsichtig Richtung Jachthafen. Wie ein See liegt er vor uns, ein paar Boote liegen still vor Anker, der Himmel strahlt. Na, das ist doch mal eine freundliche Begrüßung. Gut, der SP ist nur nach Registrieren und Einloggen in ein Camping-Karten-System und Aufladen einer ausgespuckten Campingkarte an einem Schalter (unproblematisch, da Anweisungen auch in deutscher Sprache wählbar) an der Schranke befahrbar. Der sehr ordentliche, umzäunte Platz bietet tolle Aussicht auf den kleinen Hafen und hat jetzt noch genügend freie Lücken, was sich aber, wie gedacht, im Verlauf des Nachmittags ändert.
Wir richten uns erstmal ein, heute Nachmittag findet Camping statt, Stühle und Tisch raus und Beine hoch, Umgebung beobachten, Reisetagebuch schreiben und Fotos sortieren. Das platzeigene WLan gibt nichts her, so dass ich leider immer noch keine Fotos auf der Website einstellen kann. Das ärgert mich. Ich bin da doch immer gerne „bei“, wie der Kölner sagen würde, also aktuell. Was nicht ist, das ist nicht. Müssen wir warten und den Schwanküken zuschauen bei ihrem Landausflug. Am Abend versucht die Deutsche Nationalmannschaft im Spiel gegen die Ukraine, uns selbigen zu versüßen, was leider nur in Momenten gelingt. Da ist doch eher auf Wims gebratene Nudeln nach China-Art mit Spiegelei Verlass, die sich dann auch zum Sonnenuntergang den Weg bahnen, den sie gehen müssen. Reisende soll man nicht aufhalten.
04.06.2024 Dienstag
Lang lang ist‘s her: Wim holt Brot. Unsere Google-Suche gestern Abend führte zu nichts, keine Boulangerie in der Nähe. Hoffnung lag dann auf dem Shop des benachbarten CPs. Und siehe da, als Wim mit hungrigem Magen am Morgen um die Ecke des CPs kommt, taucht tatsächlich ein Brot-Auto auf. Er kommt also mit Beute zurück: Baguette und Croissant. Beim Blick in die Tüte geht die Sonne auf angesichts der goldenen Backwaren, die schon blättern nur durch den Luftzug der Wimpernschläge. Vorsichtig mit Pinzettengriff werden sie entnommen, zunächst noch in Zeitlupe zum Mund geführt, dann aber sind sie ziemlich flott verschwunden. Traurig, traurig so ein Eintagsfliegenleben, das schon früh morgens endet.
Gestärkt macht Wim Räder und Hänger klar. Chianga liebt es, sich im Hänger kutschieren zu lassen, sie wartet schon und steigt sofort ein, es könnte ja ohne sie losgehen. An den SP anschließend folgen wir ein kurzes Stück dem Radweg Richtung Zentrum am Maas-Ufer entlang, biegen rechts ab auf die Fußgängerbrücke und peilen geradeaus den berühmten Place Ducale an. Der zentrale Herzogsplatz ist ein Meisterwerk der Architektur. Brasserien und Strassencafés sind noch kaum bevölkert, aber das wird eher die Ausnahme sein. Große Zelte und Pavillons stehen mittig. Von anstehenden Veranstaltungen konnten wir nichts sehen oder lesen. Eine Runde drehen wir, schauen uns die historische Pracht an, überlegen, wie es hier wohl im 17. Jahrhundert zugegangen sein muss, nachdem ein gewisser Prinz Charles de Gonzague die Stadt auf geerbten Ländereien aus dem Nichts heraus aufbauen ließ. Sie sollte die ideale Stadt und das neue Zentrum für den stark zunehmenden Handel und das Handwerk der damaligen Zeit werden. Ein ehrgeiziges Projekt, dessen Umsetzung wohl noch lange begeistern wird.
Nur einen Steinwurf vom Place Ducale entfernt, liegt die Markthalle von Charleville-Mézières und damit die Möglichkeit, die Aromen des Landes zu entdecken. Das ganze Jahr über bieten lokale Erzeuger und Kunsthandwerker u. a. dienstags ihre Waren an. Man könne hier alles finden: Gemüse, Brot, Fleisch, Obst, Honig, Käse, Gewürze, Blumen. Und alles sei lokal. Es sei der ideale Ort, um den Besuch der Stadt zu beginnen und sich einen Überblick über die Spezialitäten zu verschaffen. Toll und lockend beschrieben. Enttäuschend der Anblick! In einer gläsernen modernen Halle liegt in gähnender Stille vereinzelt Gemüse auf 4 oder 5 Tischen. Eine Handvoll Händler stehen zusammen. Es keimt in uns keine Lust auf, einen Fuß in diese Halle zu setzen. Das hatten wir uns absolut ganz anders vorgestellt. Enttäuscht satteln wir auf und suchen und finden den Einstieg in die Voie Verte Trans-Ardennes der Maas folgend.
Jetzt geht‘s erstmal raus aus der Stadt. Dem Idyll der Maas-Route in Holland kann dieser Abschnitt hier das Wasser nicht reichen. Hier verläuft der alte Treidelpfad durch urige Natur, mal beschaulich vorbei an noch hoch stehenden Blumenwiesen und gemächlich dahin tuckernden Booten, mal vorbei an wenig einladenden Hochhausblöcken und durch in die Jahre gekommene Über- oder Unterführungen. Uralte steinerne Festungsmauern in Kombination mit Wellblechbaracken, Schleusenanlagen und Pferdekoppeln. Und die Maas, die Maas-Arme und die Maas-Ärmchen, und einige Male muss bei Google maps die Position ausgemacht werden zur Vermeidung einer Irrfahrt.
Rund 12 km radeln wir, kreuzen ein Örtchen, wenden dann aber und beschließen, am Place Ducale etwas zu uns zu nehmen, da es leider im Örtchen nichts gibt. Bei bestem Wetter radeln wir entspannt zurück.
Im Städtchen kommen wir an der Kirche vorbei, deren Portal tatsächlich geöffnet ist. So statten wir ihr einen Kurzbesuch ab.
Der Place Ducale liegt einladend im Sonnenschein. Im Lokal, in dem wir uns niederlassen, wird nichts „Gescheites“ angeboten. Also genehmigen wir uns nur einen Kaffee, ein Bier, bestaunen ein wenig die Baukunst, üben Müßiggang, beobachten Schwalben, verarbeiten den Tag und bearbeiten kommende Tage.
Auf dem Rückweg an den Sperrvorrichtungen des Place vorbei finden wir noch zufällig eine Bäckerei. Ein Stück Schokoladentorte wandert in einen Karton. Achtung, Kuchen im Karton bedeutet: Vorsicht Gift! Ja, Gift für Blutwerte und Hüften. Daher Kuchen im Karton dicht verschlossen halten, an Ort und Stelle öffnen, teilen, zügig verzehren. Nur so gelangen die „giftigen“ Bestandteile umweglos in den Trakt, der sich mit der Ausscheidung befasst. Aber all diese Gedanken sind wurscht, stellt sich doch die als Mousse au Chocolate gekaufte Torte als schnöde Schokopuddingvariante heraus. Also eine weitere enttäuschende Erfahrung heute, die aber der Zuckerkuchen, der in allen möglichen Formen und Größen in der Bäckereiauslage zu finden war, locker - und sehr süß - abheilen kann. Und abends gesellt sich schon eine von weitem grüßende große Schwester, ein Charisma, zu uns. Ein netter Plausch, wie unter Concorde-Eignern üblich, schließt sich an. Das freut uns und macht Spaß, und gerade hier vor allem deswegen, weil das neben uns stehende Kawa-Paar es bisher in Stockfisch-Manier vermeiden konnte, irgendeinen Gruß von uns auch nur mit einem Kopfnicken zu erwidern und jetzt argwöhnisch und abfällig unser Gespräch belauscht. Manchmal regen mich solche Anwandlungen extrem auf, obwohl es zum Lachen ist. Dennoch ist es alles in allem ein sehr schöner sonniger Tag - mit kleinen Misstönen eben. Und morgen geht‘s weiter.