28.08.2024 Mittwoch
Abflug. Zeitig lockt uns das nächste Ziel, nämlich München in gut 100 km. Etwas in Sorge, auf dem sehr zentralen CP Thalkirchen keine Lücke mehr zu finden, wenn wir zu spät eintreffen, machen wir uns nach Entsorgung auf dem kostenlosen SP in Altötting auf die Socken, erledigen im Supermarkt ein paar Besorgungen, begeben uns über den Inn und auf die fast geisterhaft leere A94, auf der es zunächst durch tellerflaches Land, dann aber leicht hügelig weiter geht. Dünn besiedelt ist diese Gegend. Nur wenige Ortschaften kommen zum Vorschein. Leider ist kaum was von ihnen zu sehen, da die AB über weite Strecken mit Schallschutzwänden versehen ist.
Zügig kommen wir in München an. Die letzten Kilometer zum CP müssen auf ziemlich engem Sträßchen zurückgelegt werden. Also entweder ist unser Navi-Rüdiger wieder etwas entgleist, oder man mutet den Anliegern der Wohnstraße gerne ein Freizeitfahrzeuggeschiebe mit Anliegerverkehr zu. Aber auch hier geht alles gut, wir rollen durch eine „Behelfseinfahrt“ bis zu einem Fenster eines Containers, einer „Behelfsrezeption“. Es werde viel umgebaut, man habe das alles erstmal verlegen müssen. Nun gut, macht ja nix. Freie Plätze gibt es noch, Bezahlung muss sofort erfolgen, Plan hat er keinen, er, der ältere Rezeptionist, ist mürrisch, will mir den Preis für ein „großes“ Wohnmobil abknöpfen, worauf ich hinweise, dass unser Womo keine 7 m lang ist, was ihn skeptisch aus seiner Wäsche gucken und zweifeln lässt, bis ich ihm den Fahrzeugschein unter die Nase halte. Gut, er nimmt widerwillig die Gebühr für „kleines“ Womo. Der Hund kostet 4,20 € pro Tag, eine Unverschämtheit. Alles in allem schnell abhaken und auf einem netten Plätzchen niederlassen. Wir finden eins, und zwar neben und gegenüber einem „großen“ Wohnmobil. Schatten gibt es, Sonnenstrahlung für Solar genügend. So halten wir es aus die nächsten paar Tage.
Gegen Abend starten wir eine erste Erkundungsrunde mit Rad. An der Isar soll es entlang gehen. Aber es gibt noch zwei weitere Wasserstraßen, der Ländekanal mit Floßlände direkt am CP, einen Sprung weiter der Isarwerkkanal und dann die Isar selber. Alles fließt dicht beisammen, getrennt durch schmale Inselstreifen. Kurz nur um die Ecke vom CP tut sich eine Wiese am ersten Wasser auf, viele Leute baden und sonnen sich. Während Golferinnen und Golfer über eine kleine Brücke abschieben, tobt unter ihnen der Bär. Es rauscht unüberhörbar, begeisterte Rufe ertönen. Im Wasserlauf sind Rampen eingebaut, die sogenannte Surfwellen verursachen. In diese stürzen sich begeisterte Surfer unter Anfeuerungsrufen ebenso begeisterter Zuschauer und mit Surfbrettern brav in Reih und Glied auf ihren Einsatz Wartender. Ja, die haben Spaß. Echte Künstler halten sich lange auf der Welle, vollführen artistische Wenden. Nach Absteigen vom Brett, treibt man unter der Brücke hindurch und kann dahinter an Land gehen und sich wieder einreihen in die Warteschlange.
Nach dem Spektakel muss zumindest ich einen Badeplatz finden und mich zu Wasser lassen. Am Kanal entlang radelt es sich toll, wir überqueren eine weitere Brücke und sehen die Isar mit ihren Kiesbuchten, in denen sich jede Menge Leute vergnügen. Ein richtiges Getümmel herrscht auf den Wald- und Radwegen und an allen Ufern, und heute ist nur ein normaler Wochentag. Nach extrem erfrischendem Bad in der Isar geht es zurück zum Womo. Das war schon ein tadelloser Auftakt in München. Mal sehn, was uns der morgige Tag bringt.
29.08.2024 Donnerstag
Ziemlich kühl war die Nacht. Man merkt, der Herbst naht. Die Campingwiese ist sehr nass, voller Tau, Tropfen hängen an den Außenspiegeln. Es dampft. Langsam machen wir uns startklar. Auserkoren haben wir das Schloss Nymphenburg. Es geht 14 km quer durch die Stadt, zwar nicht mitten durchs Zentrum, aber auch nicht weit weg davon. Eine total fremde Stadt, noch keinen Schimmer, was wo liegt, Komoot App meldet technische Probleme, maps scheint auf der Höhe der Zeit, kurz vor 30 Grad zeigt das Thermometer. Auf geht‘s. Nur die Harten kommen in den Garten. Das stimmt so nicht, denn nach etwas öder Anreise durch uninteressante Straßenzüge mit wenig erbaulichen Ansichten in Bahnhofsgegend befahren wir zwar fast ausschließlich Radwege oder Fahrradstraßen, aber in den Garten dürfen wir trotzdem nicht.
Gemeint damit ist der Garten, der immens riesengroße Garten hinter dem Schloss, dem wir uns seitlich nähern. Für Räder ist kein Zutritt. Das macht aber nichts, denn von vorne darf man alles radelnderweise besichtigen und bestaunen. Welch eine Größe, welch eine Weitläufigkeit, und welch kleiner Gärtner, der auf Knien kriechend jedem Unkrautfitzelchen auf der Spur ist und die phantastisch angelegten kilometerlangen Blumenrabatte hegt und pflegt. Was für eine enorme Arbeit.
Ursprünglich stand hier westlich von München „nur“ ein Landgut, in Ausmaßen unverändert wie das heutige Mitteilteil. Der Kurfürst von Bayern schenkte es 1662 seiner Gattin aus Dankbarkeit für den nach 12 Ehejahren geborenen Thronfolger. Ein italienischer Baumeister kreierte einen Sommersitz für die Fürstin, den sie „Borgo delle ninfe“ taufte, also Wohnort der Nymphen. Ihre Idee war, mythologisch verkleidet als Göttin Diana mit ihren Damen Hof zu halten. Das klingt nach einem verschwurbelten unausgelasteten weiblichen Wesen, aber man sagt Henriette Adelheid von Savoyen Kurfürstin von Bayern nach, großen Einfluss auf ihren Mann und die bayrische Politik gehabt zu haben. Sie verstand es ebenso, rauschende Feste zu veranstalten. Eines wurde ihr zum Verhängnis, da ein verheerender Brand ausbrach und sie in Abwesenheit ihres Ehemannes barfuß und unter Lebensgefahr ihre Kinder rettete. Dabei zog sie sich eine Erkältung zu, die nach zweijährigem Leiden zu ihrem Tod führte. Die Fürstin verstarb schon 1676, noch bevor der Bau vollendet war. Das finde ich traurig und bemerkenswert, alles Weitere zum Schloss lässt sich besser in entsprechenden Netz-Quellen finden.
Nach einer Schattenpause mit Bretzel und Genießen der märchenhaften Perspektiven schaue ich mich etwas hinterm Haus um. Eindeutig machen die auf riesigen Tatzen ruhenden goldglänzenden Laternen das Rennen, oder ist es doch die Weite, oder die Fassade, oder der Blick ins Innere, oder oder oder. Kurz schaue ich mich noch im runtergekühlten Shop um, der feinste Sachen zum adeligen Tafeln anbietet.
Und während wir den Rückweg antreten, schießt plötzlich die Wasserfontaine im Schlossgartenbassin in die Höhe. Der Wiener nennt so etwas Hochstrahlbrunnen, wie wir vor Ort in Wien lernen konnten. Ein Schwan genießt den Sprühnebel, würde mir jetzt auch gefallen.
Uns bleibt aber im Moment nur die Fahrt am Schlosskanal entlang über die Nördliche Auffahrtsallee. Am Ende von der Gerner Brücke aus haben wir einen tollen Blick schnurgerade auf das Schloss und den Hubertusbrunnen und kommen nach knapp 30 km und 4 Stunden wieder am Womo an. Schluss für heute.