von Boulaouane nach Oualidia


Tag 13 - 27.01.2023 Freitag

Freitag ist Couscous-Tag in Marokko. Von daher trifft es sich gut, dass Oualidia in 140 km Entfernung auf dem Tagesplan steht. Dort wurde uns auf unserer ersten Reise Couscous ans Womo gebracht von Ali, er pries dieses von seiner Frau gekochte Essen an, und es war köstlich. Mal sehn, ob es Ali noch gibt. Es hat in der Nacht kräftig geregnet, der Morgenhimmel ist noch dunkel verhangen, aber ein Moped knattert heran. Es ist unser Wächter. Er stellt gut gelaunt plappernd ein Körbchen vor unser Womo, drückt Wim zwei Teegläschen in die Hand, greift zum silbernen Teekesselchen und füllt hinein. Weitere Köstlichkeiten nimmt er aus seinem Korb: noch ganz warme blättrige Pfannkuchen, man nennt sie Msemen, versorgt uns reichlich damit und hat sichtlich Spaß daran, uns überrumpelt zu haben. Seine Überraschung ist voll gelungen und wird, man kann ja gar nicht anders, sofort verschlungen. Ich liebe diese zu Vierecken zusammengelegten hauchdünnen Fladen. Sie sind leicht süß, man streicht Honig, Marmelade oder Schmelzkäse darauf, oder isst sie einfach pur zum süßen Minztee. Sowas von lecker! 

Wir sagen der wunderschönen Kasbah „tschüss“ und begeben uns vorsichtig in den jungen Tag, die Senke hinauf, der Sonne entgegen. Oben gibt‘s sogar ein Hotel, das in der Morgensonne richtig glanzvoll wirkt und Puten gackern hinüber zur Moschee. Sehr ländlich ist alles rundum, auf den Weiden grasen Kühe. Gelegentlich überholt uns ein Moped. Tja, ist auch keine besondere Herausforderung, da wir uns wieder nur schleichend wie eine Raubkatze über die Asphaltreste bewegen, immer in Lauerstellung, dass uns nicht doch eines der unsagbar zahlreichen und tiefen, heute mit Regenwasser gefüllten Löcher aus dem Rennen hebelt.

Vor einem nächsten Dorf scheint am Straßenrand ein verendetes Tier zu liegen, denn an die 30 Hunde haben sich versammelt. Wenigstens ist ihr Tisch schon mal gedeckt. Im Dorf herrscht übliches Getriebe. Sorge, in so einem Getümmel mal stecken zu bleiben, in dem sich ein Pferdchen mit Kutsche auch mal ohne Fahrer in Bewegung setzt und die Straße überquert, haben wir nicht. Es passt immer alles. Aussteigen wäre heute auch nicht erbaulich. Nach Regengüssen versinkt in der Mehrzahl der marokkanischen Dörfer alles in Matsch und Schlamm. Grausam einfach. Und dann die Menschen mit ihren langen Kitteln und Gewänder. Also praktikabel ist knöchellang nicht. Da käme man mit knieumspielender Länge erheblich besser weg. 

Die Hoffnung, auf dem nächsten Sträßchen besser fahren zu können, erfüllt sich wenig. Auch hier gehört die Welt den Fuhrwerken. Zwischen blühenden Wiesen kommen sie angetrabt, bevölkern die Straßenränder, überall hört man Hufgeklapper, meistens wird fröhlich gegrüßt. 

Ein Stück der Strecke bis Oualidia legen wir auf der AB zurück. Puh, auch mal schön. Und ab der Abfahrt führt uns fast noch jungfräulicher Asphalt ins proppere Städtchen, das uns wie schon beim ersten Besuch herausgeputzt begrüßt. Etwas hinab geht es zum Parkplatz mit herrlichem Blick auf die dem Atlantik vorgelagerte Lagune, ein Ausblick wieder reif für die Postkarte, auch wenn die Flut um diese Zeit die Lagune noch nicht gefüllt hat, die Brandung aber schon gewaltig am schroffen dunkelbraun zerfurchten Felsenmeer anklopft. 

Und da liegt der Parkplatz, etliche Womos stehen schon hier, der große angrenzende runde Platz ist belebt, jede Menge fahrbare Untersätze sind in Betrieb, Kinder und Eltern vergnügen sich. Die Sonne strahlt, die Menschen ebenfalls. 

Oualidia ist gleichzeitig ein perfektes Übungsgelände was Anbieten und Handeln und Händler und Käufer anbelangt. Vieles wird hier angeboten. Händler haben alles im Blick, den Überblick über neu angekommene Womos muss man in der Branche haben. Sie kommen zu Fuß oder per Rad oder Moped. Sie bieten Gemüse, Fisch und Meeresfrüchte an. Sie grillen sogar am Womo oder zeigen morgens den Krebs und bringen ihn abends zubereitet zum Womo. Sie sind durchweg sehr freundlich und reagieren auf ein „nein danke“ auch ziemlich direkt und gehen. Viele Spaßvögel sind dabei, die gleich mehrfach in kurzen Abständen erscheinen und sich schlapp lachen, wenn man wieder gespielt empört abwinkt. Wir fragen nach Ali, ja und da erinnert sich ein junger Mann. Und keine halbe Stunde später knattert Ali auf Moped heran. Wir erkennen uns sofort wieder. Ali hat längere Zeit in Deutschland gearbeitet und spricht sehr gut Deutsch. Natürlich kocht seine Frau immer noch. Und natürlich bringt er uns abends Couscous. Es ist ihm eine Ehre. Er ist wirklich ein sehr sympathischer liebenswerter Mensch. Und wie phantastisch das Couscous wieder ist. Richtig oberlecker. Und bei Ali gehört immer noch ein Glas Soße mit dazu. Das macht den Couscous erst so richtig geschmeidig. Mit einem „ich komme morgen und hole das Geschirr ab“ verabschiedet er sich und der Abend kann beginnen. 

Tag 14 - 28.01.2023 Samstag

Kräftige Schauer fallen. Der Fahrradausflug muss verschoben werden. Ali kommt vorbei und holt seine Servierschale ab. Da wir in Asilah beim Kauf der Sim-Karten so tierisch über den Tisch gezogen wurden und irgendwie nur eine polnische und eine niederländische Mailbox erreicht wird, fragen wir Ali nach einem Telefonladen. Sein Bruder hat einen um die Ecke. Sobald sich der Regen legt, holt er uns ab und begleitet uns. Gesagt getan! Hier wird alles zu einem Bruchteil der Kosten korrekt erledigt. Wehe, wenn ich nochmal nach Asilah komme! Dann kracht‘s im Souk. Abhaken … und weiter. Meer hilft und ist hier in Oualidia wunderschön. Auf der Promenade locken Händler mit ihren Austern und Seeigeln, aber so ganz ist uns heute nicht danach. 

Wir radeln etwas abseits weiter zum Meer hin und beobachten die Angler, die sehr mutig auf den Spitzen der wellenumtosten Felsen herum turnen. Den restlichen Nachmittag verbringen wir bei Sonnenschein am Womo. Wim klettert noch aufs Dach und stellt die Antenne ein paar Grad um, da wir seit gestern ZDF vermissen. Gleich drei Mitcamper mit gleichem Problem fragen um Rat, ihnen konnte auch geholfen werden. Der Routenplan für morgen wird geklärt und etwas gewischt im Womo. Das war’s für heute.