Woudrichem + Gorinchem + Fort Vuren

19.06.2019 Mittwoch

Heute geht es mal wieder los. Endlich. Nachdem wir an unserem Hochzeitstag nichts unternommen haben, den sogar am Tag selber total vergessen haben, müssen wir nun aber mal zur Probefahrt aufbrechen, das Womo testen nach den vielen Reparaturen und meine Hüfte nach operativer Runderneuerung beim Radeln. Die Wetteraussichten für Holland sind sehr gut, evtl. soll es gewittern. Das Womo wird gepackt, etwas ungeübt alles, die letzte Reise liegt fast 1 ½ Jahre zurück. Zuhause versorgen wir noch besonders gut die vielen Blumen, die im Moment prächtig wachsen. Es fällt etwas schwer, unser schönes neues Zuhause zu verlassen, aber es wird gut tun, mal etwas anderes zu sehen. 

Um 9 Uhr rollen wir ab. Über Lüttich und Maastricht wollen wir in Woudrichem in Nordbrabant den CP De Mosterdpot ansteuern, auf dem wir ein Plätzchen für paar Tage reserviert haben. Morgen ist Feiertag, Freitag Brückentag, langes Wochenende, das bedeutet: Überfüllung angesagt. Da ist es sicherer und stressfreier, auf einen reservierten Platz zu gondeln.

Leer sind die Straßen durch Belgien, kaum Verkehr, und sehr heiß und schwül ist es, 29 Grad. In Woudrichem leitet uns das Navi über Deiche und schmalste Gassen zum CP, der etwas usselig aussieht, aber wunderschön liegt. Auf der großen Wiese bekommen wir einen sehr großen Platz. Wim beschafft sofort zur Einstimmung eine Ladung Bitterballen, die verzehrt ist, bevor ein Foto gemacht werden kann, köstlich. 

Dann rüstet Wim die Räder. Also unser Womo lief tadellos hierher, jetzt ist meine Hüfte dran. Dann will ich mal versuchen, wie sie sich auf dem Rad bewährt. Die Hunde klettern anstandslos in die Anhänger, obwohl sie lange nicht mehr auf diese Art befördert wurden. Wir radeln, alles klappt, es läuft. An den vielen kleinen Hafenbecken geht es entlang, hohes Gras und Schilf überall, winzige uralte Boote mit braunen Segeln neben schönen weißen Yachten dümpeln in der Sonne, und auf der breiten Waal, eine der beiden großen Mündungsarme des Rheins, tuckern große Pötte. Unendliche Beschaulichkeit wohin man auch schaut, dafür lieben wir Holland sehr. Eine Windmühle ragt neben dem eckigen mächtigen Kirchturm aus den geduckten Backsteingiebeln mit roten Ziegeln in den immer dunkler werdenden Himmel. Gewitter zieht auf, es ist scheußlich schwül, wir schwitzen und tropfen leicht-leidend vor uns hin.

Wim reißt sich an der Fischbude noch eine Tüte frisch gebruzzelten Kibbeling, dann geht‘s ab zum Womo. Mit dem Nudelsalat von zuhause speisen wir lecker, aber im Womo, weil es zu Tröpfeln beginnt, diesmal nicht von der Nasenspitze, sondern von ganz oben. Eine kleine Runde mit den Hunden wird noch gedreht, sie haben total Spaß in einer der vielen Sandbuchten an der Waal, Chianga nimmt sogar noch ein Bad im Fluss. Recht früh sind wir im Bett verschwunden.

20.06.2019 Donnerstag / Fronleichnam

Rondje Pontje Vestingdriehoek, ein Festungsdreieck, von dem wir uns heute radelnd das Schloss Loevestein ansehen wollen.

Dazu lassen wir uns von Woudrichem aus mit einem winzigen Fährschiffchen übersetzen zur Schlossinsel. Auf diesem Gebiet dürfen Hunde verständlicherweise nur angeleint laufen. Hier leben viele Rinderherden frei und auf diesem kleinen Landstück allein schon 250 Wildpferde, die natürlich möglichst wenig gestört werden sollen, wie ebenso die unzähligen Wasservögel ringsum.  

Schloss Loevestein, das kostenlose Parkmöglichkeit für 48 Stunden für 4 Womos bietet, besteht seit dem 14. Jahrhundert, diente als Grenz- und Zollstation, später als Gefängnis und Festung und ist heute Museum. Das Schloss liegt in der urholländischen beschaulichen Flusslandschaft Munnikenland, wo Maas und Waal zusammenfließen.

Soweit das Auge reicht blickt man über Wasser, Sümpfe, Flüsse, geflutetes Land. Unmengen Wasservögel leben hier einträchtig mit großen Herden von Kühen und Pferden. Deiche und Sandbuchten, blühende Wiesen und alte Laubwälder lassen das Radeln zum puren Vergnügen werden. Nur das Fließen des Wassers und die tuckernden Schiffsmotoren zeigen einem, dass die Zeit verrinnt, um einen herum scheint sie aber still zu stehen. Einfach friedlich.

An einem schönen Fleckchen im Wiesenland am Deich, hinter dem sich in wunderschönen Gärtchen märchenhaft schöne Häuschen kauern, von denen oft gerade nur noch das Dach wie eine Mütze vorsichtig heraus guckt, machen wir am Ufer der Waal eine kleine Badepause, die Bazou und Chianga sehr begeistert genießen zum Einander-Jagen, Planschen und - ganz ladylike - zum Ganzkörper-Pudern.  

Der Heimweg, immer der Waal nach, führt uns über einen kleinen Markt im neueren Teil von Woudrichem. Am Bäckerstand wandern Krentenbollen und sonstige Backwaren ins Fahrradkörbchen, sehr zum Verdruss von Bazou, der sich scheinbar sicher war, dass auch diese Ladung bei ihm hinten im Anhänger eingesackt werden würde. Das Leben kann so hart sein, aber der heutige Tag war wunderschön. 

21.06.2019 Freitag

Wir hätten auch die Fähre nehmen können, aber per Rad geht es heute ans andere Ufer, ca. 10 km an der Waal entlang, dann sogar auf die Autobahn, über eine hohe Brücke hinüber zur Festungsstadt Gorinchem. Am Ortseingang passieren wir einen SP. Sehr gemütlich ist es hier im gepflegten Kern der Altstadt im ehemals kleinen Bauern- und Fischerdorf, durch das sich das Flüsschen Linge schlängelt. 

Als letzten Punkt des „Festungsdreiecks“ radeln wir, vorbei an alten, nicht mehr genutzten Schleusenanlagen der Wasserlinie, die langsam aber sicher Teil der Natur werden, zum 6 km entfernt liegenden Fort Vuren, das dem gestern besuchten Schloss Loevestein direkt gegenüber am Waal-Ufer liegt. Von hier aus bietet sich ein wunderschöner Blick auf Woudrichem über den breiten Fluss Waal mit viel Schiffsverkehr. Im Fort gibt es heute nur noch Übernachtungsmöglichkeit in diversen Preisklassen. 

Im Hochsommer kann man es auch per Fähre oder Wassertaxi anfahren, heute ist noch kein Fährbetrieb, und wir radeln zum Hafen Gorinchem zurück und nehmen die Fähre nach Woudrichem. Jetzt bei über 30 Grad schmeckt und zischt ein großes Bier unter blauem Sonnenschirm und blauem Himmel hervorragend zu fettigen Pommes und Bitterballen. Und das nachhaltig, abends bleibt die Womo-Küche nämlich kalt, stattdessen unternehmen wir einen Abendspaziergang am sandigen Waal-Ufer und am alten Hafen entlang, fast alle Boote sind besiedelt, überall sitzen Leute zusammen und haben Spaß. Und wieder mal fragen wir uns, warum es immer Meer sein soll, wo man hier so viel unüberlaufene Freiheiten genießen kann. Die Antworten bleiben im Fläschchen Grimbergen blond hängen, na ja, morgen ist auch noch ein Tag.